In den letzten Monaten wuchs die Schweizer Wirtschaft mit geringerem Tempo als üblich. Doch das könnte sich bald ändern. «Der Tiefpunkt dieser Schwächephase dürfte hinter uns liegen», sagte Felicitas Kemeny, Leiterin des Ressorts Konjunktur beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur AWP.
Die Expertengruppe des Bundes hat ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr minimal nach oben angepasst. Für 2024 prognostiziert sie nun ein Wachstum des realen Bruttoinlandproduktes (BIP, sporteventbereinigt) von 1,2 Prozent nach 1,1 Prozent bei der letzten Schätzung vom März. Für 2025 lautet die Prognose unverändert auf 1,7 Prozent.
Zu einer sehr ähnlichen Vorhersage kam gleichentags die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF). Sie erwartet für 2024 ebenfalls ein Wachstum von 1,2 Prozent, für 2025 dann sogar von 1,8 Prozent. Es zeichne sich ab der zweiten Jahreshälfte 2024 eine Erholung ab, hiess es im Communiqué.
Europa erholt sich
Ein Grund für die sich abzeichnende Erholung ist die Entwicklung in Europa. Laut KOF-Prognose sollte sich die Lage insbesondere in Deutschland, Frankreich und Italien aufhellen. Es sei dort mit steigenden Konsumausgaben und einer erhöhten Investitionstätigkeit zu rechnen.
Die zuletzt unterdurchschnittliche Entwicklung in diesen Ländern hatte die Schweizer Exportwirtschaft bekanntlich gebremst. Nun nehme die Exportdynamik aber wieder zu, so die KOF. In der Folge dürfte laut den Prognostikern auch die Wertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe nach zuletzt schwachen Quartalen wieder zulegen.
Dies hat laut der Seco-Prognose auch Folgen für die Investitionsbereitschaft der Schweizer Unternehmen. So geht die Expertengruppe für das laufende Jahr zwar noch von rückläufigen Ausrüstungsinvestitionen aus, im nächsten Jahr sollten diese aber wieder deutlich anziehen.
Beruhigung bei der Inflation
Der zweite Treiber für die die allmähliche Erholung ist die günstige Entwicklung bei der Inflation. So haben die Bundesökonomen und die KOF ihre Inflationsprognose für 2024 gesenkt, auf 1,4 rsp. 1,3 Prozent. Und für 2025 gehen sie von einer Teuerung von lediglich noch 1,1 und 1,0 Prozent aus.
Diese tiefere Inflation führe voraussichtlich zu Reallohnzuwächsen, welche die Verluste der letzten beiden Jahre ausgleichen sollten, schrieb die KOF. Dies wirkt sich üblicherweise auf den Konsum aus. Das Seco hat denn auch seine Vorhersagen für das Wachstum des privaten Konsums leicht erhöht.
Gestützt wird der Konsum auch vom nach wie vor robusten Arbeitsmarkt. So rechnet das Seco nun zwar mit einer etwas höheren Arbeitslosenquote von 2,4 im Jahresdurchschnitt 2024 und von 2,6 Prozent im 2025. Das seien im langjährigen Schnitt aber nach wie vor tiefe Werte, so Kemeny.
Laut der Seco-Frau helfen die tiefere Inflation und die dadurch gesunkenen Zinsen auch der Bauindustrie, welche zuletzt eine «bemerkenswerte Schwäche» gezeigt habe. Die Bundesökonomen gehen davon aus, dass sich die Bauinvestitionen nach einem Nullwachstum (+0,1 Prozent) im laufenden Jahr 2025 auf 1,9 Prozent beschleunigen wird. «Die Nachfrage nach Wohnbauten ist nach wie vor gross», so Kemeny.
Ausgewiesenes BIP anders
Beim nicht-bereinigten Schweizer BIP sehen die Vorhersagen im übrigen etwas anders aus. Hier lauten die Prognosen des Seco und der KOF für 2024 auf 1,6 Prozent, für 2025 auf 1,3 rsp. 1,4 Prozent. Diese Werte werden allerdings durch grosse Sportanlässe wie den Olympischen Spielen und der Fussball-EM verzerrt.
Hintergrund sind die Lizenzzahlungen an die in der Schweiz ansässigen internationalen Sportverbände, welche über den Konjunkturverlauf aber nichts aussagen.
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(AWP)