Damit hat die Gewerbekammer, das Parlament des SGV, der Verbandsspitze am Nachmittag in Bern den Rücken gestärkt, wie der Verband in einem Communiqué mitteilte. Der Verband muss sich somit erneut auf die Suche nach einem Direktor machen.
Gewerbekammermitglied Nicolo Paganini sprach gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA von einer grossen Mehrheit für den Widerruf der Wahl. Nach der Sitzung seien die Reihen wieder geschlossen. Wenige Monate vor den eidgenössischen Wahlen wären interne Querelen schlecht für die Interessen von Verband und Gewerbe.
"Ich bin froh über die Diskussion in der Gewerbekammer und über den konsultativen Beschluss", liess sich SGV-Präsident und Mitte-Nationalrat Fabio Regazzi (TI) im Communiqué zitieren.
Vorstand fürchtete um guten Ruf
Schneider hätte eigentlich per 1. Juli den zurücktretenden Hans-Ulrich Bigler ablösen sollen. Die Gewerbekammer hatte Schneider am 8. Februar zum neuen Direktor gewählt. Nachdem ein vom SGV in Auftrag gegebenes externes Gutachten einer Anwaltskanzlei die Plagiatsvorwürfe gegen Schneider teilweise gestützt hatte, widerrief der SGV-Vorstand am 9. Juni die Wahl Schneiders jedoch.
SGV-Präsident Regazzi begründete den Vorstandsentscheid mit der Glaubwürdigkeit und dem Ruf der Organisation, die er bedroht sah. Er verwies aber auch auf den Leistungsausweis von Schneider. Dieser habe sich im Verband "sehr verdient gemacht".
Mehrere Mitglieder des Verbandsparlaments beantragten daraufhin die Einberufung der Gewerbekammer. Schliesslich habe diese Schneider zum neuen Direktor bestimmt. An der Sitzung vom Mittwoch nahm auch Schneider Stellung. Er bleibt weiterhin SGV-Vizedirektor.
Nach SGV-Angaben berät der Vorstand nun über das weitere Vorgehen. Wie dem Communiqué weiter zu entnehmen ist, verlängert der 64-jährige Bigler sein Mandat nicht und tritt wie geplant nach 15 Jahren an der Verbandsspitze in den Ruhestand.
Gutachten spricht von Plagiaten
Das Rechtsgutachten war zum Schluss gekommen, dass sich in Schneiders Bewerbungsunterlagen für den Direktorenposten keine Falschangaben finden liessen. Auch von einer Schönung könne nicht die Rede sein.
In der arbeitsrechtlichen Beurteilung stufte die Kanzlei "das serienmässige Plagiieren" indessen als klares Fehlverhalten und eine Treuepflichtverletzung ein. Das sei aber nicht so schwerwiegend, weil es sich beim Gewerbeverband nicht um einen wissenschaftlichen Betrieb handle.
Schneider wurden neben einem geschönten Lebenslauf Plagiate in 65 Fällen vorgeworfen. Zudem sollte er zwei Professuren vorgetäuscht haben. Schneider wies die Vorwürfe zurück. Die Plagiatsvorwürfe stammten vom österreichischen Plagiatsforscher Stefan Weber. Die "NZZ am Sonntag" machte sie nach der Wahl Schneiders publik.