«Siemens hat erneut ein starkes Quartal abgeliefert und sein profitables Wachstum fortgesetzt», kommentierte Konzernchef Roland Busch am Donnerstag die Zahlen. Im Geschäft mit der Industrieautomation bauten die Kunden ihre Lagerbestände weiter ab. Insbesondere in China seien diese immer noch erhöht. «Dennoch - und ebenso erwartet - verbesserte sich die Nachfrage sequenziell nach dem Tief im Vorquartal», so Busch, der davon ausgeht, dass sich der Trend in den kommenden Quartalen fortsetzen dürfte.
Die im Dax notierte Aktie verlor zum Auftakt zunächst mehr als zwei Prozent, bevor sie wieder etwas aufholen konnte. Zuletzt lag sie knapp ein Prozent im Minus.
Simon Toennessen vom Analysehaus Jefferies lobte die Auftragseingänge, auch im Digitalisierungsgeschäft seien diese etwas besser ausgefallen als erwartet. Insgesamt sei das erste Quartal solide ausgefallen. RBC-Analyst Mark Fielding stellte zudem die robuste Entwicklung im Geschäft mit smarter Infrastruktur heraus. Philip Buller von der Privatbank Berenberg attestierte dem Konzern ein durchwachsenes, aber insgesamt solides erstes Geschäftsquartal. Die Pessimisten dürften auf eine eher mässige Entwicklung im Geschäftsbereich Digital Industries verweisen.
Im ersten Geschäftsquartal (Ende Dezember) stiegen die Erlöse um zwei Prozent auf 18,4 Milliarden Euro, wie das Unternehmen vor der am gleichen Tag stattfindenden Hauptversammlung in München mitteilte. Auf vergleichbarer Basis lag das Plus bei sechs Prozent, dabei sind Währungs- und Portfolioeffekte herausgerechnet. Eine schwächere Entwicklung in der Sparte Digital Industries (DI), die neben der Industrieautomation noch das Softwaregeschäft enthält, konnte durch Zuwächse in den Bereichen Intelligente Infrastruktur und Mobility ausgeglichen werden.
Der Auftragseingang legte auf vergleichbarer Basis um zwei Prozent auf 22,3 Milliarden zu und fiel damit deutlich besser aus als vom Markt erwartet. Dabei profitierte Siemens von Grossaufträgen im Zuggeschäft. Damit sitzt Siemens nun auf einem Rekordauftragsbestand von 113 Milliarden Euro.
Das Neugeschäft von DI ging hingegen um ein Drittel zurück - konnte jedoch im Vergleich zum Vorquartal wieder zulegen. Siemens hatte in den vergangenen zwei Geschäftsjahren allgemein stark von hohen Bestellungen in den digitalen Geschäften profitiert, nachdem Kunden aus Furcht vor Lieferengpässen Aufträge vorgezogen hatten. Dies normalisiert sich nun.
Darüber hinaus belaste das eher träge wirtschaftliche Umfeld den Auftragseingang, wie Finanzchef Ralf Thomas in einer Telefonkonferenz sagte. Diese Entwicklung zeige sich am deutlichsten in China. Thomas erwartet, dass sich der anhaltende Abbau der Lagerbestände der Kunden bis in die zweite Hälfte des Geschäftsjahres 2024 hinziehen könnte. Nichtsdestotrotz hofft Thomas auf eine Belebung der Nachfrage in China im zweiten Halbjahr.
Das Ergebnis der Industriegeschäfte, das die operative Entwicklung abbildet, stieg um drei Prozent auf 2,7 Milliarden Euro und zeigte sich damit etwas besser als von Analysten prognostiziert. Nach Steuern erzielte Siemens einen Ergebnisanstieg um gut die Hälfte auf rund 2,5 Milliarden Euro. Dabei profitierte Siemens auch von einem Gewinn aus der Übertragung eines Anteils von acht Prozent an dem Energietechnikkonzern Siemens Energy an den eigenen Pensionsfonds. Die verbleibende Beteiligung von 17,1 Prozent wird der Konzern künftig nur noch als finanziellen Vermögenswert berichten und nicht mehr in der Gewinn- und Verlustrechnung. Die Beteiligung hatte in den vergangenen Jahren für erhebliche Schwankungen beim Nettoergebnis gesorgt.
Den Ausblick für das Geschäftsjahr 2023/24 bestätigte Siemens und geht von einem weiteren Umsatz- und Gewinnplus aus. Das Unternehmen rechnet mit einem Umsatzwachstum auf vergleichbarer Basis von vier bis acht Prozent. Damit würde sich das Wachstum im Vergleich zum Vorjahr aber abschwächen, als Siemens die Erlöse vergleichbar um elf Prozent auf 77,8 Milliarden Euro gesteigert hatte. Das Ergebnis je Aktie vor bestimmten Kaufpreiseffekten nach Übernahmen erwartet Siemens bei 10,40 bis 11,00 Euro. Im abgelaufenen Jahr war der entsprechende Gewinn auf 9,93 Euro angezogen. Die Beteiligung an Siemens Energy ist dabei bereits herausgerechnet.
Keine Neuigkeiten gab es zur Zukunft des Geschäfts mit Motoren und Grossantrieben, von dem sich Siemens trennen will. Die Tochter Innomotics mit über 15 000 Mitarbeitern ist inzwischen weitestgehend eigenständig. Siemens prüfe hier weiter alle Optionen, sagte Busch. Diese beinhalten sowohl einen Verkauf als auch einen möglichen Börsengang. Thomas berichtete von einem «grossen Interesse» von verschiedenen Marktteilnehmern und hält einen Börsengang trotz eines derzeit schwierigen Umfeldes für möglich./nas/men/mis
(AWP)