Zum Auftakt des Krisengipfels signalisierte der nigerianische Präsident und Ecowas-Vorsitzende Bola Tinubu am Donnerstag zwar, dass Diplomatie bei der Bewältigung der Krise Vorrang haben solle. Zum Abschluss des Treffens erklärte Tinubu jedoch, keine Option sei vom Tisch. Dazu gehöre letztlich auch der Einsatz des Militärs. Die Ecowas-Verteidigungsminister wurden aufgefordert, umgehend die Bereitschaftstruppen des Bündnisses zu aktivieren. Experten zufolge könnte die Aufstellung einer regionalen Truppe aber Wochen dauern, was Raum für Verhandlungen geben könnte.
"Wir sind weiterhin fest entschlossen, Niger auf dem Weg zu Frieden und demokratischer Stabilität zu unterstützen", erklärte Tinubu zum Abschluss des Gipfeltreffens in der nigerianischen Hauptstadt Abuja. Er hoffe, dass die Ecowas-Länder durch ihre gemeinsamen Bemühungen eine friedliche Lösung herbeiführen könnten. "Noch ist nicht alles verloren." Zur Westafrikanischen Wirtschaftgemeinschaft (Ecowas) gehören 15 Staaten, neben Niger und Nigeria unter anderem auch Ghana, die Elfenbeinküste und der Senegal. Die Militärregierungen von Mali und Burkina Faso unterstützen im aktuellen Konflikt die Junta im Niger. Dort hatten die Putschisten zuvor eine Frist der Ecowas verstreichen lassen, bis zu der der demokratisch gewählte Präsident Mohamed Bazoum wieder eingesetzt werden sollte.
Nach Tinubus Bemerkungen zum Ende des Ecowas-Gipfels wurde ein offizielles Abschlusskommunique verlesen, das widersprüchlich erscheinende Resolutionen enthielt. Zum einen war von einer Stationierung der Truppen zur Wiederherstellung der verfassungsgemässen Ordnung im Niger die Rede. In einer unmittelbar darauf folgenden Resolution hiess es aber, dass dies durch "friedliche Mittel" geschehen solle. In dem Kommunique gab es keine Hinweise darauf, wann und unter welchen Umständen ein Militäreinsatz stattfinden könnte.
Damit hatte die Ecowas den Putschisten für den Fall gedroht, dass sie sich weigern, den in seiner Residenz festgehaltenen Staatspräsidenten wieder ins Amt einzusetzen. Dafür hatte die Ecowas der Junta ursprünglich eine Woche Zeit gegeben. Die Junta liess die Frist jedoch in der Nacht zu Sonntag verstreichen. Stattdessen ordneten sie noch am Sonntag vorsorglich und bis auf weiteres eine Sperrung des Luftraums über dem Niger an. Auch seitdem zeigte die Junta in Niamey keine Bereitschaft zum Machtverzicht oder Einlenken. Im Gegenteil stellten die Putschisten, die am 26. Juli die Kontrolle im Niger übernommen hatten, in der Nacht zum Donnerstag eine neue Regierung vor.
Niger galt bisher als eines der letzten Länder in der Region, die der westlichen Welt freundlich gesinnt sind. Sollte es zu einem militärischen Konflikt kommen, droht eine weitere Destabilisierung in West- und Zentralafrika, wo allein in den vergangenen drei Jahren nunmehr bereits sieben Putsche verübt wurden. Die von Hunger und Gewalt geplagte Sahel-Zone zählt zu den ärmsten Regionen der Welt. Tausende Menschen sind ums Leben gekommen, Millionen auf der Flucht - auch mit dem Ziel Europa. Speziell der Niger ist zudem wegen seiner führenden Rolle bei der Bekämpfung von Islamisten in der Region sowie seiner Uran- und Ölreserven sowohl sicherheitsstrategisch als auch wirtschaftlich relevant für Europa, die USA, China und Russland.
(Reuters)
1 Kommentar
Im Sudan und in Niger sieht es stark nach einem klassischen Stellvertreterkrieg aus. Afrika ist ja seit jeher eine Spielwiese für derartiges.
Je nachdem was man im Sudan oder Niger für Interessen hat, nimmt man nur die Flüchtlinge oder auch die Ressourcen. Zumindest das wird dann fair aufgeteilt. Europa nimmt ersteres, die Russen und Chinesen letzteres...