Die Runde verabschiedete bei einem Sondertreffen der EU-Aussenminister im westukrainischen Lwiw eine entsprechende Erklärung. Das Gericht soll im Rahmen des Europarats Verbrechen der Aggression ahnden können, welche nicht vom Internationalen Strafgerichtshof abgedeckt sind.

Die Entscheidung dürfte auch als Signal an den russischen Präsidenten Wladimir Putin gedacht sein, der am Freitag in Moskau mit einer Militärparade an den Sieg der Sowjetunion über Nazi-Deutschland im Jahr 1945 gedachte und dort erneut den Krieg gegen die Ukraine rechtfertigte.

Schweiz unterstützt Tribunal im Grundsatz

Die Schweiz war beim Treffen durch den Schweizer Botschafter Felix Baumann vertreten. Das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) teilte der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit, die Schweiz unterstütze grundsätzlich die Schaffung eines Sondergerichtshofs.

Für die Schweiz sei es jedoch von zentraler Bedeutung, dass jede neue gerichtliche Instanz international legitimiert sei, den internationalen Standards entspreche und so zur Stärkung der internationalen Strafgerichtsbarkeit beitrage, hiess es. Ein endgültiger Entscheid solle «zu gegebener Zeit» getroffen werden, «je nach Verlauf der Diskussionen und dem gewählten Modell.»

Kallas: Kein Raum für Straflosigkeit

Die EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas sagte, das Tribunal werde «sicherstellen, dass die Hauptverantwortlichen für die Aggression gegen die Ukraine zur Rechenschaft gezogen werden». Der russische Krieg sei im Informationszeitalter gut dokumentiert, «es gibt keinen Raum für Straflosigkeit». Der per Video zugeschaltete ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte: «Russland muss für seine Aggression wie die Nazis damals zur Rechenschaft gezogen werden.»

Zu den Staaten, die sich für das Gremium einsetzen, gehören neben EU-Staaten auch Australien, Norwegen, Liechtenstein, Grossbritannien, Costa Rica und Guatemala. Nach der Amtsübernahme von US-Präsident Donald Trump hatten sich die USA aus dem Unterstützerkreis zurückgezogen.

Europarat wird entscheiden

Die Staatengruppe will den Europarat nun rasch formal um einen Vertrag zur Einrichtung des Tribunals bitten. Es soll seinen Sitz im niederländischen Den Haag haben, wo schon mehrere internationale juristische Organisationen angesiedelt sind.

Urteile sollen auch in Abwesenheit der Angeklagten möglich sein - nachdem in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist, dass etwa Putin persönlich vor Gericht gestellt werden kann. Das Tribunal soll 15 für je neun Jahre gewählte Richterinnen und Richter haben. EU-Schätzungen gehen von Gesamtkosten in Höhe von einer Milliarde Euro aus.

(AWP)