Der Anwalt hatte ab 2006 die inzwischen insolvente Maple Bank bei Cum-Ex-Deals mit Gutachten beraten. Er habe eine zentrale Position eingenommen und von Anfang an die nötigen Strukturen verantwortet, sagte der Vorsitzende Richter Werner Gröschel zur Urteilsbegründung. Damit habe er einen «aberwitzig hohen Steuerschaden» mitverursacht und «ganz erhebliche kriminelle Energie» gezeigt.
Ein mitangeklagter Ex-Maple-Banker wurde ferner zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt wegen Steuerhinterziehung. Bei ihm wird Vermögen von gut 1,9 Millionen Euro abgeschöpft. Er hatte schon zu Prozessauftakt ein Geständnis abgelegt und die Cum-Ex-Deals als «zu schön, um wahr zu sein» bezeichnet. Gegen das Urteil können Rechtsmittel eingelegt werden.
Gutachten gaben Cum-Ex Anstrich von Legalität
Bei Cum-Ex-Deals, die ihre Hochphase zwischen 2006 und 2011 hatten, nutzten Banken und andere Investoren eine Gesetzeslücke. Sie liessen sich eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Dividenden mit Hilfe von Banken mehrfach erstatten. Dazu wurden um den Dividendenstichtag Aktien mit und ohne Ausschüttungsanspruch zwischen Beteiligten hin- und hergeschoben. Am Ende erstatteten Finanzämter Steuern, die gar nicht gezahlt worden waren.
Cum-Ex gilt als grösster Steuerskandal der Bundesrepublik, es entstand ein Steuerschaden von geschätzt mindestens zehn Milliarden Euro. In den Skandal sind zahlreiche Banken verwickelt. Lange war unklar, ob Cum-Ex-Deals illegal waren. Erst 2012 wurde das Steuerschlupfloch geschlossen. 2021 entschied der Bundesgerichtshof, dass die Geschäfte als Steuerhinterziehung zu werten sind.
Viele Banken stützten sich zuvor bei der Einschätzung von Cum-Ex-Deals auf Gutachten von Kanzleien wie Freshfields als eine Art Freifahrtschein. Nach Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt handelte es sich im konkreten Fall um «Gefälligkeitsgutachten», die den Geschäften einen legalen Anstrich gaben. Zudem habe der frühere Top-Jurist den Steuerbehörden falsche Angaben gemacht. «Wir hätten die Geschäfte ohne die Gutachten nicht durchgeführt», hatte der verurteilte Maple-Banker im Prozess ausgesagt.
Steuerschaden von 388 Millionen Euro
Aufseiten der Maple Bank habe es durchaus Bedenken gegeben zu den Geschäften, die unter dem Namen «German-Pair-Strategie» liefen, sagte Richter Gröschel. Die Rede sei von einem «intuitiv-betrügerischen» System gewesen, aber nach der rechtlichen Einschätzung des früheren Freshfields-Anwalts habe die Maple Bank den Deals zugestimmt.
Die Bank mit kanadischen Wurzeln hatte bei Cum-Ex ein grosses Rad gedreht und damit laut Anklage einen Steuerschaden von 388 Millionen Euro verursacht - bis sie 2016 selbst in die Pleite stürzte, weil wegen einer Steuerrückstellung zu Cum-Ex die Überschuldung drohte.
Schon im November 2022 waren vier frühere Maple-Banker, darunter der Ex-Deutschlandchef, am Landgericht Frankfurt zu teils langen Haftstrafen verurteilt worden. Das Verfahren gegen den früheren Freshfields-Steuerrechtler sowie weitere Banker wurde abgetrennt.
Der frühere Top-Jurist, der das Urteil mit betroffener Miene verfolgte, äusserte sich am Dienstag nicht. Er hatte ein spätes Geständnis abgelegt, was beim Strafmass laut Gröschel eingeschränkt berücksichtigt wurde. Er habe damals als junger aufstrebender Anwalt mit einer «gewissen Naivität» gehandelt. Mit dem Urteil blieb das Gericht unter der Forderung der Generalstaatsanwaltschaft, die auf fünfeinhalb Jahre Haft plädiert hatte.
Viele grosse Banken auf der Kundenliste von Freshfields
Freshfields hatte nicht nur die Maple-Bank zu Cum-Ex beraten. Auf der Kundenliste der Grosskanzlei standen viele grosse Namen der Finanzwelt. Bei der Aufarbeitung geriet die Kanzlei selbst ins Visier der Ermittler. Ab 2017 durchsuchten sie die Büros von Freshfields in Frankfurt. Der Insolvenzverwalter der Maple Bank verklagte die Kanzlei auf 95 Millionen Euro, am Ende gab es einen Vergleich über 50 Millionen. Freshfields räumte später ein, die Beratung zu Cum-Ex sei kein Ruhmesblatt gewesen. Man habe sie vor Jahren gestellt.
Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, sprach von einem wichtigen Urteil. Die klare Botschaft an Juristen, «die heute an den nächsten Steuertricks arbeiten», laute, «dass dieser Staat nicht wehrlos ist und dass man im Gefängnis landen kann, wenn man hilft, den Staat und damit uns alle auszurauben.»
Das Urteil habe fachliche Signalwirkung. «Nicht nur diejenigen sind strafrechtlich verantwortlich, die selbst die Finanztransaktionen getätigt haben, sondern auch diejenigen, die an den betrügerischen Geschäften als juristische Berater mitgewirkt haben.»/als/DP/jha
(AWP)