Die Alpenschutzorganisation lancierte im März eine interaktive Karte, um die Problematik aufzuzeigen. Die Organisation, die sich für den Erhalt wilder Gebirgsräume einsetzt, fordert zudem strengere Gesetze, insbesondere für den Abbau von Skiliften.
Nicht mehr genutzte Skilifte, alte Zäune aus der Landwirtschaft oder dem Militär, veraltete Gebäude, Kabelreste, Bleche oder Baumaterialien - all diese Elemente bilden laut der Organisation «veraltete Anlagen». Diese Vielfalt erschwere es, diese «auszurotten».
«Leider kennt niemand die genaue Zahl der veralteten Anlagen, da es mit Ausnahme der Skilifte keinen Überblick gibt», sagte Luisa Deubzer, Projektleiterin bei Mountain Wilderness Schweiz, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Lückenhafte Daten
Für verlassene landwirtschaftliche Anlagen gebe es keine Bundesregelung. Frühere militärische und weitere Anlagen stünden teils unter Denkmalschutz, auch wenn sie verfallen seien, so die Vereinigung. Da viele Anlagen keine Bewilligung brauchten, sei den Behörden deren Existenz teilweise nicht bewusst.
Mountain Wilderness Schweiz hat ab 2023 die Aufgabe übernommen, ein Inventar der veralteten Seilbahnen und Skilifte zu erstellen. 60 davon hat sie landesweit erfasst. Die meisten stillgelegten Skilifte befinden sich der Recherche nach im Kanton Waadt - rund ein Dutzend erfasste Mountain Wilderness dort. Darauf folgt das Wallis.
Im Kanton Bern wiederum verzeichnete die Organisation sechs bis acht stillgelegte Anlagen - bei zweien habe man noch keine Bestätigung vonseiten des Seilbahnbetreibers erhalten. Und in Graubünden sind der Organisation fünf stillgelegte Lifte bekannt.
Um das Problem besser zu erfassen und die Bevölkerung dafür zu sensibilisieren, lancierte die Umweltschutzorganisation eine interaktive Karte. Sie hofft, damit «mehr Menschen dazu zu bewegen, beim Wandern die Augen zu öffnen und diese Anlagen zu bemerken».
Aufruf an Wanderer
Derzeit umfasst die Plattform, die eine Erweiterung der Website von Mountain Wilderness in Frankreich für die Schweiz darstellt, 83 Einträge, von denen 71 orange (abzubauen) und 12 grün (inzwischen abgebaut) markiert sind.
Die Organisation zählt auf Wanderer, um die Daten zu vervollständigen. Jede verlassene künstliche Anlage, die nicht mehr genutzt, gepflegt oder für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, könne Gegenstand einer Meldung sein.
Die Botschaft scheint jedoch nur langsam anzukommen. Seit dem Start der Plattform wurde lediglich ein Dutzend Meldungen registriert. «Wir gehen davon aus, dass dies noch nicht die Situation vor Ort widerspiegelt und dass sich unsere Karte erst noch bewähren muss», sagte Deubzer.
Mentalität muss sich ändern
«Oftmals werden veraltete Anlagen nicht auf den ersten Blick als störend empfunden, da wir zu sehr daran gewöhnt sind, unsere Spuren nicht zu verwischen, wenn wir sie nicht mehr nutzen», sagte Deubzer. Unberührte und unbebaute Landschaften in den Bergen werden jedoch immer seltener und sollten daher als «wertvolles Gut» betrachtet werden, das es zu erhalten gilt, betonte sie.
Eines der Ziele der interaktiven Karte besteht gerade darin, die Wahrnehmung dieser Objekte zu verändern. Mit der Karte wolle man zeigen, dass veraltete Anlagen in den Bergen ein weit verbreitetes Problem seien, «für das wir Lösungen finden müssen und das wir nicht ignorieren dürfen».
Frist und Fonds gefordert
Um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, führt Mountain Wilderness punktuell Aktionen durch, wie zum Beispiel im Oktober in Chesières im Kanton Waadt. Dort baute sie einen alten Skilift ab, der seit 60 Jahren stillgelegt war. Die Organisation fordert auch eine Verschärfung des gesetzlichen Rahmens für den Abbau von Skiliften, damit dieser effizienter umgesetzt werden kann.
Derzeit sieht das Seilbahngesetz vor, dass der Betreiber die Anlage nach der Stilllegung abbauen muss. Wenn dieser in Konkurs gegangen ist, fällt die Verantwortung auf den Grundstückseigentümer zurück. Das Verfahren verzögere sich manchmal ewig, weil es an Anreizen und Mitteln fehle. «Es sollte eine Frist für den Abbau festgelegt und ein Fonds eingerichtet werden, um die Finanzierung zu sichern», fordert Deubzer.
«Für uns ist die Befürchtung zentral, dass sich das Problem in Zukunft mit vielen weiteren Liften, die gerade in den Voralpen schliessen, verschärfen wird, wenn wir die Rahmenbedingungen nicht verbessern», betonte sie.
mk/
(AWP)