Nur in 7,5 Ständen hiess eine Mehrheit der Stimmenden die Vorlage gut - in Zürich, Basel-Stadt, Waadt, Genf, Luzern, Zug, Freiburg und im Tessin. Die restlichen 15,5 Stände waren dagegen. Lange lag das Nein-Lager vorne. Den Ausschlag gaben schliesslich die Ja-Mehrheiten in den grossen Städten.
In absoluten Zahlen hatte da Ja-Lager einen Vorsprung von etwas mehr als 21'000 Stimmen. 1'384'549 Personen legten ein Ja in die Urne, 1'363'283 ein Nein.
«Tief gespaltene Schweiz»
Namentlich in ländlichen Gebieten und bei weniger einkommensstarken Gruppen überwog laut dem Politologen Lukas Golder die Skepsis, wie er im Gespräch mit Fernsehen SRF sagte. Auch die Frauen dürften mehrheitlich Nein gesagt haben zur Einführung des elektronischen Ausweises. Der Forscher des Instituts gfs.bern sprach von «einer tief gespaltenen Schweiz - in allen Details».
Der Abstimmungskrimi um das E-ID-Gesetz ist ein Achtungserfolg für die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage. Umfragen im Vorfeld hatten eine relativ komfortable Mehrheit für die Einführung der E-ID gezeigt.
Heterogene Gegnerschaft
Bekämpft wurde die Vorlage zum einen vom Komitee «E-ID-Gesetz-NEIN». Getragen wird dieses von der von früheren Mitgliedern der Piratenpartei gegründeten Gruppe «Digitale Integrität Schweiz», der Jungen SVP, der EDU sowie der Organisation «Freunde der Verfassung».
Unterschriften gegen das E-ID-Gesetz sammelten auch weitere Organisationen, darunter Mass-voll sowie die Piratenpartei. Diese führten allerdings eigene Nein-Kampagnen.
Hinter der Vorlage stand eine breite Allianz aus Parlamentarierinnen und Parlamentariern aus allen Fraktionen im Bundesparlament. Bereits im Juni warben Parlamentarierinnen und Parlamentarier von SVP, FDP, Mitte, GLP, SP und Grünen an einer gemeinsamen Medienkonferenz dafür. Die SVP beschloss allerdings in der Folge die Nein-Parole.
Ganz definitiv ist das Ja zur E-ID auch nach dem Volksentscheid vom Sonntag noch nicht. Vergangene Woche reichten sowohl Mass-voll-Präsident Nicolas Rimoldi als auch das Nein-Komitee Stimmrechtsbeschwerden ein. Hintergrund war ein Bericht der «NZZ am Sonntag» über eine Spende der Swisscom an die Ja-Kampagne in Höhe von 30'000 Franken.
Pläne für konkrete Verwendung
Das neue Gesetz sieht vor, dass der Bund die E-ID herausgibt und die dafür notwendige technische Infrastruktur betreibt. Die ID wird dezentral auf dem Handy der jeweiligen Nutzerin oder des Nutzers gespeichert - in einer speziellen App mit dem Namen Swiyu. Kantonale und kommunale Behörden können die Infrastruktur der E-ID ebenfalls nutzen - etwa, um Führerausweise, Diplome oder Kundenkarten auszustellen. Die E-ID ist kostenlos und ihre Nutzung freiwillig.
Ein Nein zur E-ID hätte auch ganz konkrete Pläne von Bundesrat und Parlament infrage gestellt. So schlug die Landesregierung bereits im Mai vor, für ein neues Register zur Organspende die E-ID zur verwenden. Zugleich betonte der Bundesrat aber, es solle auch in Zukunft möglich bleiben, seinen Willen zur Organspende anders als durch einen Eintrag ins Register zu äussern - etwa mit einer Organspende-Karte.
Hürde im zweiten Anlauf geschafft
Angedacht ist auch, die E-ID in Zukunft für elektronische Unterschriftensammlungen für Initiativen und Referenden zu verwenden. Der Nationalrat sprach sich in der Herbstsession dafür aus, Pilotversuche mit dem sogenannten E-Collecting zu ermöglichen. Im Ständerat ist die entsprechende Gesetzesänderung noch hängig.
Ein erster Anlauf zur Einführung der E-ID scheiterte 2021 an der Urne - namentlich deshalb, weil private Unternehmen die E-ID herausgeben sollten. Die neue Vorlage sieht eine rein staatliche Lösung vor.
(AWP)