«Wie beim Drama von Tête Blanche im letzten Jahr möchte ich die Umstände dieses Verschwindens untersuchen», sagte die Walliser Generalstaatsanwältin Beatrice Pilloud auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Damit bestätigte sie eine Meldung des «Blick».

Sollte das Verschwinden des Mannes tödlich enden - was mit jedem Tag wahrscheinlicher wird -, «wird es wichtig sein, der Familie die Umstände des Dramas erklären zu können», fuhr die Staatsanwältin fort. Es gehe darum, herauszufinden, ob der Vermisste gegen eine Anordnung verstossen habe oder ob er sich in einem Gebiet befunden habe, in dem er sich aufhalten durfte.

Auch Bagger im Einsatz

Nachdem das kantonale Führungsorgan grünes Licht gegeben hatte, wurde die Suche nach dem Mann aus der Region Blatten am Montag um 12.30 Uhr in einem abgegrenzten Gebiet wieder aufgenommen, wie die Walliser Kantonspolizei und die Staatsanwaltschaft am Mittag in einer Pressemitteilung bekannt gaben.

Fachleute der Spezialeinheiten, der Gebirgsgruppe sowie Hundeführer der Kantonspolizei und der kantonalen Walliser Rettungsorganisation wurden per Helikopter eingeflogen. Auch ein Bagger war vor Ort im Einsatz.

Lage bleibt angespannt

Die Lage im Bergsturzgebiet blieb derweil unverändert angespannt. Der Regen sollte gemäss Fachleuten keinen negativen Einfluss auf die Situation haben, sagte Fernando Lehner vom Regionalen Führungsstab der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Die Lonza fliesse nach wie vor «wie erhofft» geregelt ab, sagte Lehner. Der Fluss füllte den vorsorglich entleerten Stausee in Ferden erneut auf. Da die Konzentration der Ablagerungen im Wasser zu hoch war, konnte nicht turbiniert werden. In Anbetracht dieser Situation war am Freitagabend der Grundablass des Stausees teilweise geöffnet worden.

Diese kontrollierte Massnahme ermöglichte den Abfluss des Wassers vom Stausee in die Lonza, wie die Behörden am Montag weiter mitteilten. Der Pegel des Sees von Ferden stieg wieder leicht.

Die Lage werde jedoch als unter Kontrolle und stabil eingeschätzt. Die Rückhaltefunktion des Sees im Falle eines Murgangs bleibe erhalten.

Fels noch immer instabil

Die Gefahr im Bergsturzgebiet blieb sehr hoch, wie die Behörden weiter mitteilten. Am Kleinen Nesthorn werde erneut eine sehr hohe Aktivität registriert. Noch immer seien mehrere hunderttausend Kubikmeter Fels instabil.

Der Korridor oberhalb des Gletschers fasse etwa 300'000 Kubikmeter, und es könnten Murgänge in diesem Couloir auftreten. Ein Einsatz auf dem Schuttkegel sei deshalb derzeit nicht möglich.

Die Bevölkerung wurde dringend aufgefordert, den Anweisungen der Behörden Folge zu leisten.

Höchste Schweizerin ruft zu Spenden auf

Nationalratspräsidentin Maja Riniker rief in ihrer Rede zum Beginn der Sommersession in Bern die Nationalrätinnen und Nationalräte zu Spenden für Blatten auf. «Es können kleine und grosse Beträge sein, alle sind ein Zeichen, alle helfen und bezeugen unsere Solidarität», sagte Riniker.

Sie hoffe auf «die Solidarität aller Menschen in der Schweiz». Es sei «ein Zeichen des Mitgefühls, wenn viele Leute Geld für den Wiederaufbau von Blatten spenden», so die Nationalratspräsidentin.

Riniker sprach auch von einem «Moment der Fassungslosigkeit». Die Urgewalt der Natur habe «ein ganzes, uraltes und wunderschönes Walliser Dorf ausgelöscht». Es seien nicht bloss Häuser, Stadel und Strassen, die zerstört worden seien, «es ist die Heimat von hunderten von Menschen, es sind ihre Wohnungen, ihr Hab und Gut, ihre Tiere, vor allem aber auch ihre persönlichen Erinnerungen und viel Liebgewonnenes, das nun unter Schutt-, Geröll- und Wassermassen begraben ist».

Durch Ereignisse wie dasjenige in Blatten werde den Menschen «immer wieder vor Augen geführt, wie schnell und wie mächtig die Natur Existenzen innert Minuten komplett verändern kann». Die höchste Schweizerin sprach den Bewohnerinnen und Bewohnern von Blatten und Ried das Mitgefühl des Rates aus. Jetzt sei «viel Kraft nötig, die nächsten Schritte zu tun, Mut zu fassen, Leben und Existenzen wieder aufzubauen und neue Wurzeln zu schlagen».

mk/

(AWP)