Nach der längsten Sitzung in der Geschichte des Rates vor einigen Monaten, die fast sechs Wochen dauerte, kommen die Staaten nun für einen Monat zusammen. "Das Menü ist extrem umfangreich", sagte Barbara Fontana gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Fontana ist Leiterin der Sektion für Menschenrechte der Schweizer Mission bei der Uno in Genf.
Zudem nehmen die Spannungen zwischen den Grossmächten im Gremium stetig zu, weil einige Länder nicht mehr akzeptieren, dass sie ins Visier genommen werden. "Alle beschweren sich über die Politisierung des Rates. Wir versuchen, diese Stimmungen zu dämpfen", sagte Fontana.
"Wir sind der Ansicht, dass ein Staat, der Vertragspartei internationaler Menschenrechtsabkommen ist, seinen Verpflichtungen nachkommen muss und erwarten kann, dass er Empfehlungen oder Ratschläge erhält", sagte Fontana. Der Vorsitzende des Uno-Menschenrechtsrats, der tschechische Botschafter Vaclav Balek, hielt seinerseits vor der Medien fest, dass das Gremium "in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen und einen Konsens zu finden".
Die Diskussionen in der Juni-Sitzung drehen sich wie üblicherweise auch um das Thema Gender. Dabei wollen einige Länder die Reichweite von Resolutionen verringern. Solche über Frauen und Mädchen oder, wie es afrikanische und muslimische Länder bei der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) vergeblich versucht hatten, über LGBTQI+. "Wir bereiten uns auf komplizierte Debatten vor", räumt die Leiterin der Schweizer Mission ein.
Geberkonferenz geplant
Bereits am Montag wird eine Diskussion über einen Bericht über den Sudan des Hochkommissars für Menschenrechte Volker Türk stattfinden. Am selben Tag ist eine Geberkonferenz geplant, die sich mit dem humanitären Bedarf aufgrund der seit zwei Monaten andauernden Auseinandersetzungen zwischen Armee und Paramilitärs befasst.
Der Sudan war bereits vor einigen Wochen Gegenstand einer Sondersitzung gewesen. Damals hatte der Rat dem unabhängigen Uno-Experten für das Land das Mandat erteilt, Menschenrechtsverletzungen zu überwachen und Hinweise darauf zu sammeln.
In jüngster Zeit haben mehrere Waffenruhen nicht zu einer Einstellung der Feindseligkeiten geführt. Trotz einer Verpflichtung der Konfliktparteien, die Bevölkerung zu schützen, ist der Zugang für humanitäre Organisationen weiterhin schwierig. Hunderte Zivilisten wurden getötet und Tausende verletzt.
Insgesamt flohen rund zwei Millionen Menschen aus ihren Häusern, von ihnen etwa ein Viertel in Nachbarländer. Anders als in der Ukraine ist der humanitäre Appell der Uno im Moment stark unterfinanziert.
Kritik an Israel und Iran
Neben dem Sudan werden die Staaten auch über den jüngsten Bericht der Internationalen Untersuchungskommission zu Israel und den Palästinensergebieten diskutieren. Diese kam zu dem Schluss, dass vor allem von israelischer Seite internationale Verbrechen gegen die Zivilgesellschaft begangen wurden.
Weiter wird eine unabhängige Kommission über die Demonstrationen im Iran berichten. Mehrere Personen wurden wegen ihrer Beteiligung an den Protesten nach dem durch mutmasslich Polizeigewalt herbeigeführten Tod der jungen Frau Mahsa Amini hingerichtet. Die 22-Jährige war wegen eines angeblichen Verstosses gegen das staatliche Schleier-Gesetz von der Sittenpolizei festgenommen, geschlagen und dabei wahrscheinlich tödlich verletzt worden.
Die Vereinten Nationen prangerten "staatlich verordnete Morde" an. Nach Angaben der Behörden wurden Hunderte von Menschen getötet, darunter auch Mitglieder der Sicherheitskräfte. Tausende Demonstranten wurden festgenommen.
Ferner wird sich der Rat mit drei Resolutionen zu neuen Technologien wie unter anderem Künstlicher Intelligenz (KI) befassen. Ein Bericht über die Menschenrechte im Zusammenhang mit dem Klimawandel steht ebenfalls auf dem Programm.