Die Talfahrt der türkischen Lira geht trotz der Nominierung von Mehmet Simsek zum türkischen Finanzminister weiter. Dabei verzeichnet sie am Mittwoch den grössten Tagesverlust seit zwei Jahren. Dollar und Euro steigen im Gegenzug um jeweils rund sieben Prozent auf Rekordhochs von 23,041 beziehungsweise 24,618 Lira.
Simsek, der bereits 2009 und 2018 Finanzminister war, hatte am Wochenende die Rückkehr seines Landes zu "rationalen Grundlagen" in der Wirtschafts- und Finanzpolitik angekündigt. Die Märkte warten auch auf die Ernennung eines neuen Zentralbankgouverneurs. Die Türkei steckt in einer Krise und kämpft mit hoher Inflation, die im vergangenen Jahr zeitweise bei mehr als 85 Prozent lag. Als ein Grund dafür gilt, dass die Zentralbank den Leitzins nicht gemäss der ökonomischen Lehre angehoben, sondern auf Wunsch des türkischen Präsidenten Recep Erdogan gesenkt hat.
Analysten zufolge waren die Investoren skeptisch, ob die Einberufung von Simsek die Lira stabilisiert. "Ein Finanzminister macht noch keinen geldpolitischen Sommer", sagte Commerzbank-Experte Ulrich Leuchtmann. "Die Amtsvergabe ist eine vielleicht notwendige, aber keinesfalls hinreichende Bedingung für einen tatsächlichen dauerhaften U-Turn in der Geldpolitik." So könnten Währungshüter im allerbesten Fall kurzfristige Zinserhöhungen durchsetzen, nicht aber eine dauerhafte Wende zu einer stabilitätsorientierten Geldpolitik.
Die türkische Lira, die angesichts von Erdogans Wirtschafts- und Währungspolitik bereits deutlich an Wert verloren hat, ist seit Jahresbeginn gegenüber dem Dollar um rund 20 Prozent abgebröckelt. Auch 2021 und 2022 stürzte sie um 44 beziehungsweise 30 Prozent ab. Die schwache Landeswährung macht Importe, auf die das rohstoffarme Land angewiesen ist, merklich teurer.
Gemäss den Währungsstrategen von Goldman Sachs dürfte die Talfahrt der türkischen Lira noch nicht beendet sein. Die Analysten haben kürzlich die Prognose für das Währungspaar US-Dollar zur türkischen Lira nach oben korrigiert und verwiesen dabei auf den erhöhten Druck auf die Währung. Laut einem Bericht von Anfang Juni geht die Bank davon aus, dass sich die Lira innert zwölf Monaten auf 28 pro Dollar abwerten wird, verglichen mit einer früheren Prognose von 22 türkischen Lira pro Dollar.
(cash/Reuters)
1 Kommentar
"Vor einem Monat teilten wir den Lesern unseres Premium-Abonnenten-Feeds mit, dass der Leerverkauf der türkischen Lira unser „höchster Überzeugungsgeschäft“ sei.
Wir hatten Recht: Knapp einen Monat später hat die Lira fast 20 % verloren, ein erstaunlicher, beispielloser Schritt in der Welt der Devisen, und diejenigen, die unsere Prognose (in Bezug auf die Größe) verfolgt haben, können sich ein paar Monate Auszeit gönnen."
Turkish Lira Craters 7% In Record Drop, Hits All Time Low As State Banks Retreat From Defense
BY TYLER DURDEN
WEDNESDAY, JUN 07, 2023 - 01:45 PM