Auf welchen Redaktionen wie viele Stellen gestrichen werden, gab Konzernchefin Jessica Peppel-Schulz am Dienstag in Zürich vor den Medien noch nicht bekannt. Zuerst warte Tamedia das Konsultationsverfahren ab. Dieses soll in der zweiten Hälfte September starten.

Gemäss Plan soll Tamedia künftig noch 1200 Mitarbeiter haben. Heute sind es 1400. In Vollzeitstellen sind das laut Halbjahresbericht 1225. Rund 120 Mitarbeiter des Werbemarkts sollen von Goldbach zu Tamedia stossen.

Weiterhin gedruckte Zeitungen

Während Tamedia die Druckereien in Bussigny und Zürich 2025 respektive 2026 schliessen will, gibt es für Bern «keinen Zeithorizont», wie Peppel-Schulz sagte. Dort sollen auch externe Titel gedruckt werden. Alle Tamedia-Titel sollen zudem weiterhin als gedruckte Zeitungen erscheinen. Die Druckereien sind heute zwischen 30 und über 50 Prozent ausgelastet, hiess es am Dienstag.

Online setzt Tamedia künftig auf die vier «stärksten Marken». Das sind «Tages-Anzeiger», «Berner Zeitung», «Basler Zeitung» und «24 Heures». Offen ist wie genau es digital mit «Der Bund» und «Tribune de de Genève» weitergehen soll, wie Simon Bärtschi, Leiter Publizistik, sagte. Die anderen Titel wie «Landbote», «Zürichsee-Zeitung» oder «Thuner Tagblatt» werden keinen eigenen Online-Auftritt mehr haben.

Westschweiz reagiert heftig

Aus der Westschweiz folgten am Dienstag heftige Reaktionen auf die Abbaupläne. Die Redaktionen schickten am Nachmittag eine Mitteilung, in der die Pläne als «untolerierbar» bezeichnet wurden. Der «radikale Plan» müsse überdacht werden. Die Redaktion der «Tribune de Genève» wirft Tamedia in einer separaten Mitteilung gar vor, die Zeitung töten zu wollen.

Unterschiedlich fallen die Reaktionen der Kantonsregierungen von Zürich und der Waadt aus. Die Zürcher Volkswirtschaftsdirektion lässt auf Anfrage von Keystone-SDA nur verlauten, dass sie jeden Stellenabbau im Kanton bedauere.

Der Waadtländer Staatsrat will hingegen angesichts der Druckereischliessung das Gespräch mit den Verantwortlichen suchen. Die in den letzten Jahren wiederkehrenden Sparrunden bei Tamedia sieht der Staatsrat mit grosser Sorge.

«Selbstzerstörerische Pläne»

Für den Berufsverband Impressum sind die Abbaupläne «selbstzerstörerisch». Die Gewerkschaft Syndicom sprach in einer Mitteilung von einer Abbaupolitik ohne Rücksicht auf die Mitarbeiter. Beide Organisationen störten sich vor allem daran, dass der börsenkotierte Mutterkonzern TX Group trotz diverser Entlassungswellen Dividenden auszahlte.

Die Mediengewerkschaft SSM zeigt sich tief besorgt und hält die Streichung im Druckereibereich für besonders schwerwiegend. Die Westschweiz dürfte aufgrund des grossen Verlusts an Werbung zudem überproportional betroffen sein, schreibt die SSM. Tamedia wird aufgefordert, «soziale und regionale Verpflichtungen ernst zu nehmen».

Der Verlegerverband Schweizer Medien reagierte mit der Forderung nach einem Ausbau der indirekten Presseförderung auf die Abbaupläne. Er fordert vom Nationalrat, in der Herbstsession die bestehende Presseförderung auf 45 Millionen Franken auszubauen.

Positives Ergebnis

Am Morgen veröffentlichte die TX Group ihre Halbjahreszahlen. Sie verzeichnete demnach einen Gewinn von 24,5 Millionen Franken nach 13,7 Millionen in der Vorjahresperiode. Und der Betriebsgewinn (EBIT) nahm um 9,7 Prozent auf 23,5 Millionen Franken zu. Der Umsatz lag stabil bei 461 Millionen Franken. Rückläufig waren die Werbeeinnahmen bei Tamedia, «20 Minuten» und im Druckgeschäft.

Äusserst profitabel arbeiteten die in der Swiss Marketplace Group (SMG) zusammengefassten Online-Marktplätze, die ihre Marge nochmals gesteigert haben. Bei «20 Minuten» verbesserte sich die Marge, wenn auch auf tiefem Niveau. Goldbach gelang die Rückkehr zu einem positiven bereinigten Betriebsergebnis.

(AWP)