Die Einzelleistungstarifstruktur Tardoc basiert auf sogenannten Taxpunkten, also auf den hinterlegten, verrechenbaren Zeiten und Kosten für eine Leistung. Die Taxpunktwerte werden dabei kantonal festgelegt. Die Patientenpauschaltarife basieren derweil auf schweizweit fixen Vergütungen für alle Leistungen.

Weitere Koordination sei «unabdingbar, denn beide Strukturen betreffen den ambulanten, medizinischen Bereich», sagte Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider am Mittwoch vor den Medien. Die Genehmigung der beiden Strukturen erfolgt laut der Bundesrätin daher nur teilweise.

Dies vor allem mit Bezug auf das Konzept der Kostenneutralität, wonach der Übergang von einer alten zu einer revidierten oder neuen Tarifstruktur nicht zu Mehrkosten führen darf, die direkt auf den Wechsel der Struktur zurückzuführen sind. So sollen laut Baume-Schneider ungerechtfertigte Kostensteigerungen vermieden werden können. Diesbezügliche Risiken sollten minimiert werden.

Auch bei den Pauschalen müssten Anpassungen vorgenommen werden: Derzeit beruhe ihre Berechnung ausschliesslich auf Daten aus den Spitälern. Ob diese sich auch für Arztpraxen eigneten, müsse noch vertiefter geprüft werden. Man müsse verstehen, wo es teurer werde und wo nicht, so Baume-Schneider weiter. Deshalb verlangt die Landesregierung, dass die Anwendung der Pauschalen in den Arztpraxen deutlich reduziert wird.

Reform der Tarifstruktur «essentiell»

Um die beiden neuen Strukturen zum vorgesehenen Zeitpunkt gleichzeitig einführen zu können, müssen die Tarifpartner dem Bundesrat bis zum 1. November 2024 daher einen Umsetzungsvertrag vorlegen. Dieser Vertrag wird unter der Federführung der neuen Organisation ambulante Arzttarife (OAAT AG) ausgearbeitet.

Sollten sich die Tarifpartner nicht einigen können, werde der Bundesrat die Koordinationsregeln festlegen, damit die beiden Strukturen in Kraft treten können, hiess es am Mittwoch weiter. Dies führe auch zu Druck, eine Lösung zu erzielen, sagte Pierre-Alain Schnegg, Regierungsrat des Kantons Bern und Präsident der OAAT AG.

Nichtsdestotrotz bezeichnete Bundesrätin Baume-Schneider die Einführung der Einzeltarifstruktur Tardoc sowie der ersten Patientenpauschaltarife am Mittwoch als «essenziell für das Gesundheitssystem». Die Reform sei «unbestreitbar», dies insbesondere «nach Jahren der Blockade zwischen den Tarifpartnern».

Verbände begrüssen Grundsatzentscheid

Mit der Änderung des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) im vergangenen Jahr habe das Parlament die rasche Einführung von Pauschaltarifen möglich gemacht, so die Bundesrätin weiter. Auch habe die OAAT AG im Januar 2024 ihre Arbeit aufgenommen und sorge nun dafür, dass die Koordination zwischen den verschiedenen Tarifpartnern gewährleistet werde.

Der Bundesrat sei überzeugt, dass dies jetzt der richtige Zeitpunkt für die Inkraftsetzung der beiden Tarifstrukturen sei, so die Vorsteherin des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) weiter. Die Aufgabe der OAAT AG sei nun die stetige Weiterentwicklung der Tarife, so Baume-Schneider.

Die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK) begrüsste die mit dem Entscheid des Bundesrats vom Mittwoch näher rückende Ablösung der Tarmed-Struktur: Sie sei dringlich, da Tarmed nicht mehr der Realität der Leistungserbringung entspreche. Eine zeitgemässe ambulante Tarifstruktur sei entscheidend.

Auch Tarifpartner, der Spitalverband H+ sowie der Versicherungsverband Santésuisse, begrüssten den Grundsatzentscheid des Bundesrats am Mittwoch. Gleichzeitig bedauerten die beiden Tarifpartner, dass lediglich ein Teil der zur Genehmigung eingereichten Pauschalen zeitnah implementiert wird. Jetzt gehe es darum, die Einführung des neuen Arzttarifs sorgfältig vorzubereiten.

Langjähriger Streit um Tarife

Die seit 2004 geltende Tarmed wurde nie einer Totalrevision unterzogen und in den letzten Jahren auch nicht mehr aktualisiert. Nach allgemeiner Auffassung ist sie heute veraltet und muss ersetzt werden.

In der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) erstellen die Leistungserbringer - also etwa Ärztinnen und Ärzte und Spitäler - ihre Rechnungen nach Tarifen oder Preisen, die in Tarifverträgen zwischen den Tarifpartnern festgelegt wurden.

Die Tarifpartner, die die Leistungserbringer und deren Verbände - beispielsweise der Ärztinnenverband FMH und der Spitalverband H+ - und die Versicherer und deren Verbände wie Curafutura und Santésuisse vertreten, arbeiten seit Jahren an der Revision von Tarmed. 2021 und 2022 konnte der Bundesrat die eingereichten Versionen von Tardoc nicht genehmigen, da sie die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllten.

(AWP)