Ein grosses Stück statt 400 Einzelteile - Tesla-Chef Elon Musk kommt so seinem Ziel näher, die Produktionskosten zu halbieren. Nur noch wenige Verbindungen statt Hunderte Roboter, die Teile zusammenfügen, sollen die Fertigung von Autos deutlich vereinfachen und Elektroautos erschwinglicher machen. Das Vorhaben, so grosse Druckgussteile zu fertigen, gilt als schwierig - aber mit einer Reihe von technischen Innovationen ist mehreren Insidern zufolge dem US-Elektroauto-Pionier der Durchbruch gelungen.
Terry Woychowski, Chef des US-Ingenieurunternehmens Caresoft Global sagte, sollte Tesla es schaffen, derart grosse Teile im Druckgussverfahren zu produzieren, würde das auch die Entwicklung von Autos auf den Kopf stellen. «Es ist ein Wegbereiter auf Stereoiden», sagte er. Die Auswirkungen auf die Branche wären gewaltig. Zugleich verwies er auf die technischen Herausforderungen. «Druckgussverfahren sind schwierig, vor allem, wenn es um grosse und komplizierte Teile geht.»
Teure Risiken
Schon länger fertigt Tesla Front und Heck des Model Y in Gigapressen, die mit 6000 bis 9000 Tonnen Druck arbeiten. Jetzt geht es um eine noch grössere Dimension. In dem neuen Kleinwagen, den Elon Musk ab Mitte des Jahrzehnts zu einem Preis von 25.000 Dollar auf den Markt bringen will, soll Insidern zufolge der gesamte Unterbau nur noch aus einem gewaltigen Stück bestehen.
Zwei Insider sagten, die neue Design- und Produktionstechnik erlaube es Tesla, ein Auto binnen 18 bis 24 Monaten zu entwickeln - die meisten Konkurrenten brauchen dafür drei bis vier Jahre. Möglicherweise entscheide das Unternehmen noch in diesem Monat, ob die Gigapresse tatsächlich kommt, sagten drei der Experten. Details könnten sich aber im Laufe des Entwicklungsprozesses noch ändern. Weder Tesla noch Musk selbst antworteten auf Fragen zu dem Thema.
Bislang scheuen Autobauer vor allzu grossen Druckgussteilen zurück: Sie erhöhen zwar die Produktivität, weil viele Arbeitsschritte beim Schweissen des Rahmens entfallen, sind jedoch teuer und bringen eine Reihe von Risiken mit sich. So sind selbst kleine Änderungen teuer; eine neue Gussform kostet einem Spezialisten zufolge durchaus 1,5 Millionen Dollar, ein anderer beziffert die Kosten sogar auf vier Millionen Dollar. Vielen Autobauern ist das den Insidern zufolge zu viel, weil sie immer wieder Änderungen am Unterboden umsetzen, um Geräuschentwicklung oder Stabilität zu verbessern.
Verkürzte Entwicklungszeit
Musk dagegen habe von Anfang an davon geträumt, den Unterboden in einem Guss zu formen, trotz der Risiken. Um das zu schaffen, greift er auf Entwickler zurück, welche mit Sand und 3-D-Druck arbeiten. Auf diese Weise entstehen Sandformen, die leichter zu ändern sind als Gussformen aus Metall. Entsprechend verkürzt sich den Insidern zufolge auch die Entwicklungszeit, bis die Form für die Massenproduktion geeignet ist: Statt sechs bis zwölf Monaten dauere es nur noch zwei bis drei Monate.
Sand kommt auch in einem zweiten Schritt zum Einsatz: Um Gewicht zu sparen, ist der Rahmen eines Autos hohl. Um das beim Druckguss zu erreichen, wird ein Kern aus gefestigtem Sand eingesetzt, der später wieder ausgespült wird, wie die Insider erzählen. Eine besondere Nachbehandlung der Teile und Zusätze im Aluminium stelle sicher, dass der so produzierte Rahmen die technischen Anforderungen an Festigkeit und Haltbarkeit schafft.
Der von Tesla geplante Kleinwagen eignet sich den Insidern zufolge auch deswegen besonders gut für das Verfahren, weil er einen vergleichsweise einfachen Aufbau hat, ohne grosse Überhänge. «Er ähnelt einem Boot, eine Batteriehalterung mit zwei kleinen Flügeln an beiden Seiten. Das schafft man in einem Stück», sagte einer der Experten.
(Reuters)