Dieser Tage landen in den Briefkästen die Vorsorgeausweise der Pensionskassen. Ab einem Einkommen von 22’050 Franken ist jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer obligatorisch in einer Pensionskasse - auch zweite Säule oder BVG-Vorsorge genant - versichert.

Die Vorsorgeausweise werden oft ignoriert. Doch dies sollte nicht so sein. Vorsorgeausweise sind im Grunde genommen so wichtig wie die Lohnabrechnung, der Kontoauszug von der Bank oder das Wertschriftendepot: Sie klären über die eigene finanzielle Lage auf. Für nicht wenige ist das Pensionskassenvermögen der grösste Vermögensteil. Und das angesparte Vermögen ist für viele Pensonierte die wichtigste Einnahmequelle im Pensionierungsalter. 

Die Dokumente sind sind auch wichtige Hinweisgeber für die persönliche Finanzplanung. Wer mit einer Frühpensionierung liebäugelt, muss besonders genau hinschauen. Der Ausweis gibt zum Beispiel Aufschluss darüber, ob jemand noch Lücken füllen kann. 

Vorsorgeausweise werden jährlich ausgestellt, sie ersetzen jeweils das zuletzt zugestellte Dokument. Nicht alle Ausweise sind gleich ausführlich. Immer enthalten sein müssen das Altersguthaben, eine Darstellung der voraussichtlichen Altersleistungen sowie Informationen über Leistungen bei Invalidität und Todesfall. Wichtig ist aber auch: Zur Ergänzung des Vorsorgeausweises ist immer auch das Pensionskassenreglement nötig.

Angaben zum Lohn

Bei den allgemeinen Angaben findet sich unter anderem der versicherte Lohn, der a) für das Ansparen der Altersguthaben und b) für Risikoleistungen wie Invalidität und Todesfall ausschlaggebend ist. Der versicherte Lohn ist nicht unbedingt identisch mit dem Brutto- oder Nettolohn. 

Koordinationsabzug: Häufig reduziert sich der versicherte Lohn um den Koordinationsabzug und weitere Faktoren. Ein Koordinationsabzug ist für eine Pensionskasse nicht vorgeschrieben, wird aber von vielen angewendet. Er beläuft sich derzeit auf 25’725 Franken und bestimmt, welcher Lohn in der 2. Säule versichert ist.

Altersguthaben 

Das angesparte Altersguthaben eines Versicherten ist anhand von Stichdaten auf den Franken genau aufgeführt. Es kommen alle Sparbeiträge von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen. Auch auf Eigeninitiative getätigte Einkäufe fallen in diesen Betrag. Im Altersguthaben enthalten sind auch die Zinsgutschriften.

Der Vorsorgeausweis sollte Angaben zu zwei Kategorien enthalten, in denen das Altersguthaben fällt: Ein Teil wird im so genannten Obligatiorium, ein Teil im Überobligatorium angespart. 

Obligatorium: Der obligatorische Teil reicht bis zu einem Jahreslohn von 88’200 Franken. Es wird auch vom “Altersguthaben gemäss BVG” (für Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge) gesprochen. Für diesen Teil des angesparten Geldes gilt für 2023 ein Mindestzins von 1 Prozent. Dieser Satz wird vom Bundesrat festgelegt und kann sich Jahr für Jahr ändern. Er orientiert sich am allgemeinen Zinsniveau. Für den obligatorischen Teil des Altersguthabens gilt bei der Auszahlung der Guthaben ein Umwandlungssatz von 6,8 Prozent. Für 100’000 Franken Spargelder im Obligatorium bekommen Versicherte Jahr für Jahr 6800 Franken. 

Überobligatorium: Der Betrag im Überobligatorium spart sich ab 88’200 Franken Jahreslohn an. In diesem können die Pensionskassen die Verzinsung und den Umwandlungssatz selbst festlegen. Dies ist deshalb wichtig, weil im Überobligatorium der Umwandlungssatz häufig tiefer ist - teils deutlich tiefer gar - als im Obligatorium. Die Pensionskassen senken die Umwandungssätze mit der Begründung, dass die Lebenserwartung steigt und dass die Renditen auf den Kapitalanlagen schwanken.

Der Umwandlungssatz, der ab der Pensionierung gelten wird, beträgt also nicht automatisch 6,8 Prozent. Den effektiven Umwandlungssatz muss man notfalls bei den Verantwortlichen für die Pensionskasse nachfragen.    

Leistungen im Alter

Aufgrund des aktuell versicherten Lohnes, des vorhandenen Altersguthabens, der anzunehmenden jährlichen Gutschriften und eines Projektionszinses wird das voraussichtliche Altersguthaben im Pensionierungszeitraum aufgeführt. Mit einem Wechsel der Pensionskasse, einem Jobwechsel mit anderem Lohn, einer Pensenreduktion, einem Sabbatical und weiteren Faktoren ändern sich natürlich diese Zahlen.

Leistung bei Frühpensionierung: Je nach Pensionskasse wird dem Versicherten auch vorgerechnet, wie hoch die voraussichtlichen Beträge bei Frühpensionierungen und beim offiziellen Rentenalter-Eintrittsdatum sind. Es lässt sich so abschätzen, wie "teuer" eine Frühpensionierung zu stehen kommt. Wer diese Auflistung im Vorsorgeausweis nicht findet, kann sich bei den Personaldienstleistungen seiner Firma oder im Vorsorgereglement informieren.

Hier zeigt sich, dass der Vorsorgeausweis für die Finanzplanung wichtig ist. Steht einem Versicherten im Alter 60 beispielsweise ein Kapital von 277'229 Franken zugute, errechnet sich gemäss einem Musterausweis von Swiss Life mit dem Umwandlungssatz eine Rente pro Jahr von 14'813 Franken. Fünf Jahre später beläuft sich das Kapital auf fast 85'000 Franken mehr. Die Rente würde dann auf 22'668 Franken pro Jahr steigen.

Der Vorsorgeausweis verdeutlicht, dass sich in den letzten Jahres des Arbeitslebens das Altersvermögen noch deutlich erhöht. Zudem kann diese Auflistung bei der Entscheidung Unterstützung bieten, ob jemand beim Beginn des Pensionsalters das Kapital oder die Rente beziehen soll.

Kinderrente: In diesem Abschnitt des Vorsorgeausweises ist auch vermerkt, wie viel Prozent einer bezogenen Altersleistung die Pensionierten-Kinderrente für jedes Kind bis zum 18. Altersjahr (bei Ausbildung bis 25. Altersjahr) in Anspruch genommen werden können. 

Leistungen bei Invalidität und Todesfall

Die Pensionskasse ist nicht nur eine Spar- und Anlageeinrichtung, sie ist auch eine Versicherung. Was für Leistungen sich daraus ergeben, ist ebenfalls Teil des Ausweises. 

Leistungen bei Invalidität: Der Vorsorgeausweis zeigt, wie hoch die jährliche Invalidenrente ist, sofern Betroffene als invalid eingestuft werden. Diese muss nicht jedes Jahr gleich hoch sein, denn sie ist abhängig vom Lohn des Versicherten und ob die Pensionskasse ein Beitrags- oder Leistungsprimat hat. Ebenfalls ist die Höhe der Invalidenrente pro Kind unter 18 Jahren vermerkt. Beitragsbefreiung bedeutet, dass bei voller Invalidität keine Beiträge mehr bezahlt werden.

Leistungen im Todesfall: Hinterbliebenen Ehepartnern, Lebenspartnern oder eingetragenen Partnern steht je nach dem eine Kapitalauszahlung oder eine Partnerrente zu. Kinder haben Anspruch auf eine Waisenrente. Auch hier können die Beträge von Jahr zu Jahr schwanken. Die Höhe des Todesfallkapitals ist vermerkt.

Finanzierung

In diesem Abschnitt ist ausgewiesen, wie viel Arbeitnehmer und Arbeitgeber pro Monat oder pro Jahr in die Pensionskasse einbezahlen. Diese Informationen erhält ein Arbeitgeber auch bei der Anstellung. Die sind im Vorsorgereglement der Pensionskasse aufgeführt.

Risikobeitrag: Dies ist der Beitrag, der für die Invaliditäts- und Todesfallleistungen verwendet wird.

Allgemeine Informationen

Der Vorsorgeausweis enthält oft noch ergänzende Hinweise.

Maximal möglicher Einkauf: Das Altersguthaben lässt sich aus eigenen Mitteln aufbessern: Einkäufe in die Pensionskasse sind bis kurz vor dem Zeitpunkt möglich, zu dem die Guthaben ausbezahlt werden. Einkäufe haben den Vorteil, dass sie von den Steuern abgezogen werden können. Allerdings müssen sich auch gut überlegt und geplant werden. Nicht für alle Versicherten sind sie gleich sinnvoll. 

Im Pensionskassenausweis steht, wie hoch die maximale Einkaufssumme zu einem Stichtag ist. 

Förderung von Wohneigentum: Hier führt die Pensionskasse beispielsweise auf, wie hoch maximal ein Betrag sein kann, der für Wohneigentum vorbezogen werden kann. 

Deckungsgrad: Manche Pensionskassen geben das Verhältnis zwischen ihren Kapitalien und dem Erfordernis an, sprich den Versichertenansprüchen. Ein Deckungsgrad von über 100 Prozent deutet vereinfacht gesagt darauf hin, dass eine Pensionskasse genug Mittel hat. Der Deckungsgrad schwankt aber, unter anderem wegen der Wertschriften, welche eine Pensionskasse über die Börse hält, oder weil sich das Verhältnis von Arbeitnehmern und Arbeitgebern über die Zeit verändert. 

Dies ist eine überarbeitete und aktualisierte Fassung eines Beitrags, den cash.ch zum ersten Mal im Februar 2016 veröffentlicht hat.