BCA Research dürfte in der Schweiz nur wenigen ein Begriff sein. Ganz anders in Nordamerika, wo der im Jahr 1949 gegründete und von den Banken unabhängige Anbieter von Kapitalmarktanalysen beheimatet ist.

Nun wartet das Unternehmen mit neun die Finanzmärkte betreffenden Prognosen für die zweite Jahreshälfte auf. Interessant sind diese gerade deshalb, weil sie sich nicht allesamt mit der Meinung der Banken und ihrer Strategen decken.


Vorhersage 1 - Die Weltwirtschaft kann sich behaupten: Die Experten von BCA Research räumen zwar ein, dass uns die Flaute in den zuvor stark wachsenden Schwellenländern noch eine ganze Weile begleiten wird. Allerdings rechnen sie nur mit geringen Folgen für die westlichen Volkswirtschaften. Ihre Botschaft: Die Weltwirtschaft werde deshalb im weiteren Jahresverlauf weiter wachsen können.

Vorhersage 2 - EZB und BoJ lassen die Rotoren flattern: Darf man den Strategen Glauben schenken, dann gehen die führenden Zentralbanken ihren Kampf gegen deflationäre Kräfte völlig falsch an. Anstatt Massnahmen gegen die erdrückende Schuldenlast zu ergreifen, würden die stark gedrückten Zinsen den privaten Sektor zu mehr Schulden verleiten, so sind sich die Experten sicher. Dennoch erwarten sie, dass die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of Japan (BoJ) an ihrer ultralockeren Geldpolitik festhalten.

Vorhersage 3 - Die US-Notenbank erhöht ihre Leitzinsen weiter: Die Experten gehen davon aus, dass die Vertreter der US-Notenbank ihre Rhetorik verstärken, was die zukünftige Entwicklung der Leitzinsen anbetrifft. Aufgrund des unmittelbar auf die Zeit vor dem Juni-Treffen fallenden EU-Referendums in Grossbritannien erwartet man bei BCA Research im Juli mit der nächsten Erhöhung der US-Leitzinsen. Auf die sogenannte Taylor-Regel abgestützt sollte die Fed Fund Rate den Experten zufolge bereits heute bei 4 und nicht bei 0,25 Prozent liegen.

Vorhersage 4 - Der Dollar wird stärker: Die Strategen schliessen noch tiefere Zinsen in Europa und Japan aus. Deshalb habe die transatlantische Zinsdifferenz ihren Höhepunkt bereits durchschritten, so schreiben sie. In Erwartung weiterer Leitzinserhöhungen durch die US-Notenbank rechnen sie sich jedoch gute Chancen für einen stärker werdenden Dollar aus.

Vorhersage 5 - Der US-Aktienmarkt tendiert weiterhin seitwärts: Der US-Leitbörse trauen die Experten nur gerade eine Seitwärtsbewegung zu. Der Grund: Die für die Aktienkurse ungünstige Kombination aus steigenden Zinsen und einem stärkeren Dollar. Einen bremsenden Effekt erwarten sie sich auch von den vermutlich nicht nachhaltig hohen Gewinnmargen dortiger Unternehmen und der gleichzeitig stolzen Aktienmarktbewertung. Solange die amerikanische Wirtschaft nicht in eine Rezession verfällt, sehen die Experten aber nur ein geringes Risiko eines Börsenrückschlags.

Vorhersage 6 - Chinesischer Aktienmarkt springt nach oben: Die Strategen von BCA Research sagen dem chinesischen Aktienmarkt über die kommenden Monate steigende Kurse vorher. Um Währungsverschiebungen bereinigt werde sich mit chinesischen Aktien mehr Geld verdienen lassen als mit amerikanischen Aktien, so lassen sie durchblicken. Als trendverstärkend könnten sich den Experten zufolge weitere geldpolitische Lockerungsmassnahmen durch die chinesische Zentralbank erweisen.

Vorhersage 7 - Erholung bei den Rohstoffpreisen nur von kurzer Dauer: Nachlassende Ängste vor einer harten wirtschaftlichen Landung Chinas sollten den Rohstoffpreisen kurzfristig Rückenwind verleihen, so sind sich die Strategen sicher. Dennoch bleiben sie in Erwartung eines stärkeren Dollars auf längere Sicht pessimistisch für diese Anlageklasse. Auch der Schuldenabbau in den Schwellenländern sollte ihres Erachtens noch eine ganze Weile auf die Rohstoffpreise drücken.

Vorhersage 8 - Ramschanleihen werden unter Druck bleiben: Die Experten rechnen nicht damit, dass der Ölpreis deutlich über 50 Dollar je Fass steigen und das Aufatmen im amerikanischen Energiesektor andauern wird. Da sich gleichzeitig die Kreditqualität in anderen Wirtschaftszweigen zu verschlechtern beginnt, erwartet man bei BCA Research mit erneutem Druck auf die Ramschanleihenkurse.

Vorhersage 9 - Kein Brexit, aber die Situation in Europa bleibt angespannt: Die Strategen halten einen Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union, den sogenannten Brexit, für unwahrscheinlich. Den politischen Rechtsrutsch in vielen europäischen Ländern verfolgen sie allerdings mit Sorge. Sofern die Politik in Europa jedoch nicht mit glaubwürdigen Lösungen für die zahlreichen Probleme aufwarten könne, bleibe die Situation angespannt, so schreiben die Experten. Sie sind sich sicher, dass Europa bis in ein oder zwei Jahrzehnten völlig anders aussieht als heute.