Goldman Sachs (GS) erhöhte jüngst das Kursziel für ABB in einer Sektorstudie auf 38 von 37 Franken und belässt die Einstufung auf "Buy". Die Industrieproduktion in China dürfte im laufenden Jahr nach der Wiedereröffnung wieder Fahrt aufnehmen, heisst es im Kommentar der Investmentbank. ABB sei dabei in verschiedenen Bereichen wie Clean Energy und Automatisierung gut positioniert. Innerhalb des Sektors zählen die Titel von ABB weiterhin zu den Favoriten der GS-Experten.

Beim Jahresergebnis 2022, das am Donnerstagmorgen publiziert wird, dürfte ABB gemäss den Erwartungen beim Umsatz stärker zugelegt haben als beim Auftragseingang. Der Technologiekonzern profitiert weiterhin vom hohen Auftragsbestand, den das Unternehmen stetig abarbeiten kann. Die operative Gewinnmarge wird im Schlussquartal wegen saisonaler Effekte wie meist tiefer sein als im dritten. Im Ausblick zeigte sich ABB im Oktober recht zuversichtlich.

Für das vierte Quartal wurde eine niedrige zweistellige Wachstumsrate beim vergleichbaren Umsatz in Aussicht gestellt sowie eine wegen der saisonalen Entwicklung gegenüber dem dritten Quartal rückläufige operative Marge. Das erst für 2023 formulierte Ziel einer operativen Gewinnmarge (EBITDA) von mindestens 15 Prozent dürfte bereits 2022 erreicht werden, hiess es damals weiter. Treiber für diese optimistischere Einschätzung seien die zunehmende Effizienz und die starke Umsatzentwicklung.

Über die Konjunkturentwicklung 2023 wollte CEO Björn Rosengren im letzten Oktober noch nicht spekulieren. "Wir sind aber in einer guten Position für das kommende Jahr", erklärte er. Natürlich ziehe ABB mit Blick nach vorne verschiedene Szenarien in Betracht. "Wir bereiten uns auf bessere und schlechtere Zeiten vor", so Rosengren. Er ging auch davon aus, dass sich die zuletzt sehr hohe Nachfrage wieder normalisieren, sprich abschwächen, werde. Bis zum Ende des dritten Quartals habe ABB allerdings nichts von einer Abschwächung der Nachfrage gemerkt.

Ziel der operativen Gewinnmarge bleibt bei 15 Prozent

Dass das für 2023 formulierte Ziel einer operativen Gewinnmarge von mindestens 15 Prozent nun bereits im laufenden Jahr erreicht werden sollte, ist für Rosengren noch kein Grund, dieses zu erhöhen. "Wir werden unser Margenziel für 2023 nicht ändern", meinte er auf eine entsprechende Frage. Es sei aber klar, dass die Marge weiter verbessert werden soll.

Was die hohen Energiepreise angeht, zeigt er sich vergleichsweise entspannt, zumindest mit Blick auf die eigene Erfolgsrechnung. "Die Energiekosten machen in unserer Rechnung lediglich rund 1 Prozent aller Kosten aus, sie haben daher kaum einen Einfluss." Allerdings dürften sie die Kaufkraft der Konsumenten schmälern, was ABB im kurzfristigen konsumorientierten Geschäft spüren dürfte.

ABB hatte Anfang Dezember einen langjährigen Rechtsstreit in Südafrika abschliessen können. ABB hatte sich bereit erklärt, insgesamt 315 Millionen Dollar an die USA, Südafrika, die Schweiz und Deutschland zu zahlen, um Korruptionsklagen im Fall "Kusile" zu begleichen. Hinzu kommen 12 Millionen Dollar, die ABB an die US-Börsenaufsicht SEC bezahlen muss. ABB hatte für den Fall um das Kohlekraftwerk in Kusile rund 325 Millionen US-Dollar zurückgestellt und dem Ergebnis des dritten Quartals 2022 belastet.

Im Januar hat dann ABB auch noch für die Division Power Conversion einen Käufer gefunden und den länger dauernden Devestitionsprozess abgeschlossen. Übernommen wird der Bereich von AcBel Polytech in Taiwan für 505 Millionen US-Dollar in bar. Der Verkauf soll im zweiten Halbjahr 2023 definitiv über die Bühne sein. 

UBS erwartet ein Übertreffen des Konsenses

Die Bestellungen von ABB werden voraussichtlich weiter wachsen, hält Analyst Guillermo Peigneux Lojo von UBS in einer Research Note fest. Diese werden voraussichtlich um 7 Prozent zulegen und somit 2 Prozent über dem Konsens liegen, betont der Analyst. Er erwartet, dass der Auftragseingang in der Elektrifizierungs-, Bewegungs- und Roboterabteilung positiv überraschen.

Das organische Umsatzwachstum des Unternehmens dürfte bei 12 Prozent liegen, da das Unternehmen bei der Auftragsbearbeitung abliefert, betont Peigneux Lojo weiter. ABB sollte einen Umsatz von 7,62 Milliarden US-Dollar ausweisen, 1,3 Prozent über den Konsensschätzungen, und ein bereinigtes Ebitda von 1,14 Milliarden US-Dollar, was einer 1,9-prozentigen Überschreitung des Analystenkonsenses entspricht.

(awp/cash)