Vorstandschef Dirk Köckler stufte die Auswirkungen des russischen Angriffs für den internationalen Handel mit Agrarrohstoffen wie Getreide und Ölsaaten insgesamt noch als beherrschbar ein. "Aufgrund überwiegend langfristig abgeschlossener Kontrakte mit Industrie und Landwirtschaft ist die Versorgung mit Betriebsmitteln in den nächsten Monaten sichergestellt", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Der Rohstoffpreis-Anteil ist bei vielen Nahrungsmitteln - etwa Brot - zwar meist relativ gering. Aber grössere Ausschläge zum Beispiel durch Knappheit nach schlechten Ernten oder bei politischen Konflikten können sich durchaus im Geldbeutel der Endkunden bemerkbar machen. Köckler verwies ausserdem auf die stark zunehmenden Kosten für Energie sowie für Dünge- und Pflanzenschutzmittel, die viele Bauern belasten.
Für Landwirte mit Tierhaltung spielen überdies die Futtermittelpreise eine zentrale Rolle. Hier sei die Belieferung derzeit ebenfalls noch gesichert, sagte Köckler. Wegbrechende Einfuhren von Sonnenblumenöl aus der Ukraine könnten beispielsweise mit Rapsöl aufgefangen werden.
Kornkammer Europas
Die Ukraine gilt als Kornkammer Europas. Sie ist aber auch ein wichtiger Exporteur von Ölsaaten wie Raps oder Sonnenblumen. Die Bedeutung der Landwirtschaft ist gross: Nach UN-Daten waren Getreidesorten wie Weizen, Roggen und Gerste 2020 mit insgesamt 19,1 Prozent die grösste Warengruppe unter allen Ausfuhren - deutlich vor Stahlprodukten (15,6 Prozent). Fette, Öle und Wachse tierischen oder pflanzlichen Ursprungs kamen mit 11,7 Prozent auf den dritten Rang.
Die Agrarminister der sieben grossen Industrienationen beraten am Freitag über die Auswirkungen des Krieges auf die Ernährungssicherung - denn die Effekte können Experten zufolge weitreichend sein. In der EU sind Länder wie Frankreich oder Deutschland zwar ebenso grosse Akteure auf dem Getreidemarkt. Doch auch die ukrainischen Exporte können die Preise global beeinflussen - nicht zuletzt für Entwicklungsländer.
Die Agravis Raiffeisen mit Hauptsitz in Münster beobachtet die politische und klimatische Lage in den Gebieten um das Schwarze Meer laufend. In der Vergangenheit hatten Dürren in der Ukraine, in Moldawien, in Russland und in Kasachstan zu Ernteeinbussen geführt, welche die Kosten für Lebensmittelrohstoffe teils merklich ansteigen liessen.
(AWP)