Mitte Juni sprang die Aktie des US-Technologiekonzerns Oracle erstmals über die 200-Dollar-Marke, hält sich seither auf dem neu erreichten Rekordniveau und steht aktuell bei 218 Dollar. Neben den Zahlen zum vierten Quartal sowie zum Gesamtjahr 2025 hatte speziell der Ausblick des Managements die Anleger überzeugt und ein 22-prozentiges Kursplus innerhalb von zwei Handelstagen ausgelöst.
Das Geschäftsjahr 2025 sei sehr gut gewesen, und das Geschäftsjahr 2026 werde noch besser - mit «dramatisch» höheren Umsatzwachstumsraten, sagte CEO Safra Catz.
Im Einzelnen: Das Geschäft mit Cloud-Anwendungen und Cloud-Infrastruktur soll 2026 über 40 Prozent wachsen (2025: 24 Prozent), das Wachstum der Oracle Cloud Infrastructure soll sich auf über 70 Prozent beschleunigen (2025: 50 Prozent). Zudem wurde eine Verdoppelung der verbleibenden Leistungsverpflichtungen in Aussicht gestellt; dies sind erwartete zukünftige Erlöse aus schon bestehenden Verträgen.
Oracle trete in eine neue Phase dauerhaften Wachstums ein - nach einem Jahrzehnt mit Umsatzsteigerungen im niedrigen einstelligen Prozentbereich, schrieben die Analysten der Investmentbank Mizuho. Die Entwicklung werde durch die Nachfrage nach Infrastruktur für Künstliche Intelligenz und Cloud-Lösungen sowie eine entsprechende Cloud-Strategie getragen.
Mizuho hat die Einstufung im Nachgang zur Oracle-Berichterstattung bei «Outperform» belassen und das Kursziel auf 245 von 180 Dollar erhöht. Ende Juni legte der zuständige Experte der Investmentbank Stifel nach: Er ging auf «Buy» von «Hold» und markierte mit 250 Dollar (zuvor: 180 Dollar) neu eines der höchsten Preisziele für das Technologieunternehmen aus Texas.
Drei andere Analysten sehen ebenfalls 250 Dollar, alle anderen liegen darunter, sodass der Konsens 219 Dollar beträgt. Gemessen daran entsprechen die aktuellen Notierungen der Oracle-Aktie einem Niveau, das sie mittelfristig halten oder sogar noch leicht ausbauen können.
Ein Rückfall unter die 200-Dollar-Schwelle ist nicht ausgeschlossen, wird aber nur von einer Minderheit der Experten erwartet. Beispielsweise hat Morgan Stanley mit 175 Dollar ein vergleichsweise tiefes Preisziel gesetzt; das «Hold»-Rating ist eines von total 16. Diese machen rund ein Drittel aller Einstufungen aus. Zwei Drittel lauten «Buy».
Larry Ellison: «Die meisten der wertvollsten Daten der Welt sind in einer Oracle-Datenbank gespeichert»
Die Chancen, dass Oracle an die jüngsten Avancen anknüpfen kann, sind intakt. Das Unternehmen ist in den Augen der Experten gut aufgestellt, es könne den Trend zur generativen künstlichen Intelligenz (KI) für zusätzliches Wachstum nutzen, heisst es. Zu den Hauptangeboten, mit denen Oracle punkten will, gehören Cloud-Infrastruktur und Cloud-Anwendungen.
«Die meisten der wertvollsten Daten der Welt sind in einer Oracle-Datenbank gespeichert», erklärte Larry Ellison, der Oracle gegründet hatte und heute Präsident sowie Technologiechef des Unternehmens ist, während der letzten Berichterstattung.
Kunden können ihre Daten in den von Oracle zur Verfügung gestellten Systemen nicht nur speichern, sondern auch für eigene KI-Projekte verwenden. Die Firmen können, führt die DZ Bank aus, sämtliche internen Daten mit allen gängigen KI-Modellen - wie ChatGPT, Grok, Gemini oder Llama - nutzen; diese seien direkt in der Oracle-Cloud verfügbar. «Kein anderer Mitbewerber bietet dies derzeit an», so die DZ-Bank-Analyse.
Und mit zunehmendem Einsatz von KI wachse auch der Marktanteil von Oracle, sagte Ellison an der Analystenkonferenz im Juni. Dass sich KI weiter verbreiten wird, ist wahrscheinlich. Laut dem Analyseunternehmen Gartner werden im Jahr 2028 mindestens 15 Prozent der alltäglichen Entscheidungen in Unternehmen durch KI-Systeme getroffen; 2024 seien es 0 Prozent gewesen. Zudem werde 2028 ein Drittel der Unternehmenssoftware Künstliche Intelligenz enthalten; 2024 seien es weniger als 1 Prozent gewesen.
Damit stehen alle Ampeln für Oracle auf Grün, oder? Nun: Das Unternehmen investiert Milliarden von Dollar und bisweilen mehr als mancher Experte erwartet hat. Damit werden die Weichen auf Wachstum gestellt. Doch der hohe Effort bei den Investitionen werde den freien Cashflow der nächsten zwei Jahre in den negativen Bereich drängen, sagt die Privatbank Berenberg voraus. Das setze Aktienrückkäufen oder Dividendenausschüttungen in naher Zukunft Grenzen.
Die Aktionäre gehen aber nicht leer aus. Oracle bezahlt eine vierteljährliche Dividende von 0,50 Dollar, woraus sich eine 0,9-prozentige Dividendenrendite ergibt.