Das mit Spannung erwartete Spin-off von Amrize am Montag hat mit Holcim einen überraschenden Wochengewinner hervorgebracht. Ein Kursgewinn von knapp 20 Prozent auf Wochenfrist ist für einen SMI-Titel ungewöhnlich - gerade vor dem Hintergrund eines sich nur mässig nach oben bewegenden Gesamtmarktes. 

Die Transaktion kann insgesamt als Erfolg verbucht werden. Es resultierte ein Mehrwert für die Aktionäre, da die beiden Einheiten Amrize (39 Franken) und Holcim (59 Franken) am Freitagmittag mit rund 98 Franken mehr Wert war als die alte, kombinierte Holcim vor Wochenfrist mit dem bereinigten Preis von 95,7 Franken. 

Die Analysten sehen gerade bei Holcim Chancen auf weitere Kursgewinne. JPMorgan (JPM) stufte die Aktie am Dienstag wieder auf «Overweight» mit einem Kursziel von 65 Franken hoch und bezeichnete Holcim als attraktive Option im europäischen Zementsektor.

Die JPM-Expertin Elodie Rall schrieb in einer Kundennotiz, Holcim werde im Vergleich zu den Schweizer Konkurrenten Geberit und Sika positiv abschneiden, weil die Aktie mit einem deutlichen Abschlag gehandelt werde und eine attraktivere Free-Cashflow-Dividendenrendite aufweise. Das höchste Kursziel gemäss Bloomberg-Daten hat Oddo BHF mit 67 Franken.

Die Dividendenrendite von Holcim betrage 3,5 Prozent, meint der Analyst von Vontobel. Nach der Abspaltung des Nordamerikageschäfts fokussiere Holcim ganz auf die Regionen Europa (55 Prozent des Umsatzes), Asien, Nahost & Afrika (AMEA, 26 Prozent) und Lateinamerika (19 Prozent), schrieb Vontobel-Analyst Mark Diethelm am Montag.

Dabei soll das Wachstum vor allem in Lateinamerika und Nordafrika vorangetrieben werden, sowohl organisch als auch über Akquisitionen. Auch nach der Amrize-Abspaltung verfüge Holcim über ein grosses Wachstums- und Margenpotenzial, so der Experte weiter. 

Die Schweizer Grossbank UBS wiederum erhöhte das Kursziel für Holcim auf 52 von 46 Franken und beliess die Einstufung auf «Neutral». Er habe seine Einschätzung sowie das Zahlenmodell für Holcim nach der jüngst erfolgten Ausgliederung des Nordamerika-Geschäfts aktualisiert, schrieb der Analyst Marcus Cole in einer Research-Studie.

Das mittelfristige Wachstumspotenzial sei attraktiv. Gestützt werde dieses durch Preissetzungsmacht in konsolidierten Märkten, Dekarbonisierungsvorschriften und anziehende Endmärkte - besonders in Europa. Darüber hinaus schaffe die starke Cash-Generierung finanzielle Möglichkeiten, etwa zur Steigerung der Aktionärsrendite.

Holcim preislich am oberen Ende

Wer den Kauf von Holcim-Titeln ins Auge fasst, sollte indessen der jüngsten Kursrally nicht hinterherjagen. Dies aus zwei Gründen: Die Helvetische Bank hatte am Montag erstens darauf hingewiesen, dass der Amrize-Kurs zu damaligen Kursen von 42 Franken (aktuell 39 Franken) am unteren Rand der Erwartungen handle und Holcim dementsprechend bei einem Kurs von rund 53,5 Franken (aktuell 59 Franken) eher am oberen Rand.

Wie ein Börsenhändler gegenüber cash.ch auf Anfrage erklärte, sind zweitens institutionelle Investoren für die Amrize-Schwäche und die Holcim-Stärke verantwortlich. Gerade Schweizer Pensionskassen, ESG-Fonds und ähnliche nachhaltige Anlageinstrumente dürften sich aus regulatorischen Gründen von den Amrize-Valoren trennen und in die neue Holcim-Gesellschaft reinvestieren.

Erst nach Abschluss dieser Umschichtungen nach dem Quartalsende wird sich zeigen, wie nachhaltig die Holcim-Kursgewinne sind, so der Händler weiter. 

Wer nach dem Spin-off beide Titel hält, kann beide Positionen beibehalten. «Aus einer langfristigen Investorensicht würden wir aber so oder so Ruhe bewahren und beide Aktien im Depot behalten», meint die Helvetische Bank abschliessend.

Mit Material der Nachrichtenagentur AWP.

Thomas Daniel Marti
Thomas MartiMehr erfahren