Die Titel der SIG Group verlieren innerhalb einer Woche 29,8 Prozent und führen damit die Verliererliste unter den im Swiss Performance Index (SPI) vertretenen Valoren an. Seit Jahresbeginn beträgt das Minus des Titels 46 Prozent. 

Ein Grossteil des Wochenverlustes resultiert vom Donnerstag, weil SIG Group vor Handelsbeginn ankündigte, die Dividendenzahlungen für 2025 auszusetzen und die Prognose für das laufende Geschäftsjahr erneut zusammenzustreichen. Das Unternehmen will nun mit einem Transformationsplan seine Position als führender Anbieter aseptischer Systemlösungen für Kartonverpackungen stärken. 

Das Verdikt unter den Analysten fiel entsprechend harsch aus. Diese griffen reihenweise zum Rotstift und strichen die Kursziele zusammen. Die US-Investmentbank Stifel senkte das Kursziel auf 12,40 von 18,50 Franken, Octavian auf 17,30 von 22 Franken oder die Deutsche Bank auf 20 von 26 Franken.

Arg auf dem falschen Fuss hatte es dabei den Vermögensverwalter Oddo BHF erwischt, welcher die Abdeckung für SIG Group am 12. September bei einem Preis von 13 Franken mit der Einstufung «Outperform» und einem Kursziel von 17,50 Franken aufnahm. Ein Blick auf die Analysteneinschätzungen zeigt aber, dass die Experten allesamt von der Dividendenaussetzung überrascht wurden. Ansonsten wäre der Kurszerfall am Donnerstag wohl geringer ausgefallen.

Zuversicht bleibt bestehen

Die Finanzexperten bleiben trotz der Ankündigung vom Donnerstag zuversichtlich. Gemäss AWP-Analyzer empfehlen weiterhin 11 Analysten den Titel zum Kauf bei zwei Halten-Empfehlungen. Das gilt auch für Stifel, Octavian oder die Deutsche Bank, welche trotz tieferer Kursziele weiter an der Kauf-Empfehlung für den Titel festhalten. 

Die Experten der Deutschen Bank meinten in einer Kundennotiz am Freitag zu dem von SIG angekündigten Transformationsplan, die erwarteten ausserordentlichen Aufwendungen würden zwischen 310 und 360 Millionen Euro liegen - wovon 90 Prozent nicht zahlungswirksame und akquisitionsbedingte Wertminderungen seien. Zudem habe das Unternehmen seine Prognose für das Geschäftsjahr 2025 angepasst. Obwohl nicht völlig unerwartet, ist das Ausmass der negativen Auswirkungen grösser als befürchtet, wie der Rückgang der Aktie um mehr als 20 Prozent nach Eröffnung trotz erheblicher Short-Positionen zeigt, erläutern die Experten der Deutschen Bank weiter.

Der angepasste Wachstumsausblick für das Geschäftsjahr sei ebenfalls enttäuschend und deute auf eine negative Wachstumsrate hin, bedingt durch ein allgemein schwaches Handelsumfeld und Effekte der Portfolioumstrukturierung. Darüber hinaus schlage das Unternehmen vor, die Bardividende für 2025 auszusetzen und berufe sich dabei auf sein Engagement für Kapitaldisziplin und Schuldenabbau, so der zuständige Analyst bei der Deutschen Bank.

Das Unternehmen habe in den vergangenen Jahren wegen fragwürdiger Akquisitionen, unglücklicher Kommunikation und verfehlter Erwartungen viel Glaubwürdigkeit eingebüsst, schrieben die Oddo-Analysten vor einer Woche. Der Aktienkurs bewege sich seither nahe dem unteren Ende der Spanne seit dem Börsengang 2018.

Mit dem Abgang von CEO Samuel Sigrist und einer eingeleiteten Strategieüberprüfung sehen die Oddo-Experten nun aber erste Schritte zur Rückgewinnung des Anlegervertrauens. Angesichts des attraktiven Risiko-/Renditeprofils und trotz des derzeit schwierigen Umfelds für Konsumgüterunternehmen bestehe Aufwärtspotenzial für die Aktie, so die Analysten weiter. 

Profitables Tagesgeschäft mit freiem Cashflow

Für die bestehenden Aktionäre ist die Dividendenkürzung ein herber Dämpfer, zumal die Hoffnung seit Jahresbeginn hoch waren, SIG Group werde den Turnaround in diesem Jahr schaffen. Das hat sich vorerst nicht bewahrheitet.

Positiv zu werten ist indes das Vorgehen des neuen SIG-Verwaltungsratspräsident Ola Rollén. Er ist erst seit fünf Monaten im Amt und kehrt nun mit dem eisernen Besen. Nachdem er Anfang August den langjährigen CEO Samuel Sigrist entliess, lancierte er nun ein grosses Transformationsprogramm und schraubte als erstes die Erwartungen bezüglich Wachstum und Profitabilität nach unten.

Damit verschafft sich das Unternehmen Zeit, um sich fit für die Zukunft zu machen. Andererseits sind die Erwartungen nun so tief, dass mittelfristig die eine oder andere positive Überraschung bei den Geschäftszahlen realistisch erscheint. Das wird sich über die nächsten zwölf bis vierundzwanzig Monate zeigen.

Trotz Transformationsprogramm bleibt der Verpackungshersteller ein profitables Unternehmen. Die Firma erwartet neu für das Gesamtjahr 2025 währungsbereinigt und zu konstanten Kunststoffpreisen ein leicht negatives bis stabiles Umsatzwachstum. Ohne Berücksichtigung der einmaligen Aufwendungen für den Transformationsplan werde eine bereinigte Marge auf dem Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) im Bereich von 24,0 bis 24,5 Prozent angestrebt - zuvor wurde eine solche am unteren Ende der Spanne von 24,5–25,5 Prozent in Aussicht gestellt.

Diese vergleichsweise geringe Anpassung der Ebitda-Marge gegen unten zeigt, dass praktisch der ganze Kursverlust vom Donnerstag dem Aussetzen der Dividende geschuldet ist. Dies unterstreicht einmal mehr, wie wichtig die Dividendenzahlungen für die Aktionäre sind. Investierte, die den Titel bereits im Depot halten, können von einem Verkauf absehen, da das Unternehmen profitabel ist, in schwierigen Zeiten einen freien Cashflow erwirtschaftet und über ein Management verfügt, welches Prioritäten setzt. Schnäppchenjäger, welche den Titel auf der Watchlist haben, können bei diesen Kursen zugreifen. 

Thomas Daniel Marti
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