Eigentlich hat die Aktie von Barry Callebaut, dem weltgrössten Schokoladeproduzenten, defensiven Charakter. Doch davon ist nicht erst seit den letzten Monaten kaum mehr etwas zu spüren. Die Aktie ist auf den tiefsten Stand seit sechs Jahren abgesackt.

Die nackten Zahlen: Seit dem 9. Mai 2023 hat der Titel von Barry Callebaut über einen Viertel seines Wertes verloren. Seit dem Rekordhoch von Ende 2021 beträgt der Einbruch gar 40 Prozent. Einen ähnlichen Rückgang verzeichnete die Aktie in den letzten 25 Jahren nur noch einmal: Während der Finanzkrise 2007 bis 2009.

CEO Peter Feld, der erst seit April im Amt ist, kündigte Mitte letzter Woche ein umfangreiches Investitions- und Sparprogramm an. "Wir sind nicht zufrieden, wo wir jetzt sind", sagte Feld an einer Telefonkonferenz. "Wir müssen näher zum Kunden und zu den Märkten." Einen positiven Einfluss auf den Aktienkurs hatten die Ankündigungen nicht, im Gegenteil.

Doch was ist passiert, dass man einen derartigen Vertrauensverlust bei Investoren hinnehmen muss? Es sind vor allem hausgemachte Probleme, die zur Krise führten. In den letzten vier Jahren kam es bei Barry zu vielen Personalveränderung auf Führungsebene. Im April trat Peter Boone abrupt als CEO zurück. Er hatte erst im September 2021 die Nachfolge des langjährigen Chefs und jetzigen Verwaltungsrats Antoine de Saint-Affrique angetreten.

Die Wechsel seien sei dann auch noch in einem sehr schwierigen Umfeld geschehen, das durch den Krieg in der Ukraine, eine erhebliche Inflation der Inputkosten und einen Salmonellenfall geprägt war, schrieb die Bank Vontobel in einem Kommentar. "Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, Stabilität wiederherzustellen, profitables Wachstum zu beschleunigen und das hochsensible ESG-Thema und seine Kosten in Angriff zu nehmen." Solange dies nicht geschehe, helfe auch eine attraktive Bewertung nichts, so die Bank Vontobel.

Die klaren Worte basierten auf einer Enttäuschung nach der Publikation von Geschäftszahlen Mitte Juli. Barry Callebaut hat in den ersten neun Monaten seines Geschäftsjahres (per Ende Mai) weniger Schokolade verkauft. Unter anderem wirkte noch immer der Salmonellenfall in Wieze vom Sommer 2022 nach, der zur Fabrikschliessung geführt hatte.

Strategie-Ankündigungen Angang November

Analysten fehlte es Mitte Juli auch an Klarheit über die künftige Entwicklung. Nach zu optimistischen Mengen- und Kostenprognosen in der Vergangenheit müsse das Unternehmen nun das Vertrauen der Anleger wiederherstellen, so die Bank Vontobel. Die Zürcher Kantonalbank wies darauf hin, dass es dem Unternehmen nicht gelinge, die übliche Wachstumsdynamik beim Volumenwachstum zu erzielen.

Auch für Barclays gibt es "noch viele offene Fragen", wie der zuständige Analyst am heutigen Freitag in einem Kommentar schreibt. Die Firma habe zwar grosse Umstrukturierungen angekündigt, es stelle sich aber die Frage, ob die Einsparungen nötig seien, um etwa durch die Umstrukturierung verursachte Löcher zu stopfen und ob sie damit nachhaltig seien. Der Analyst senkte das Kursziel für Barry Callebaut deutlich auf 1670 von 1940 Franken.

Konkretere Angaben zum Investitions- und Sparprogramm will Barry Callebaut am 1. November machen, wenn das Jahresergebnis 2022/2023 präsentiert wird. Dann will Barry Callebaut auch ein vollständiges strategisches Update und eine mittelfristige Prognose bekanntgeben.

Investoren erhoffen sich eine Verbesserung der Lage. Denn im Branchenvergleich sieht es mit der Aktie von Barry Callebaut verheerend aus, wie ein Vergleich zeigt: In den letzten zwölf Monaten hat die Barry-Aktie 24 Prozent verloren. Die Aktie des US-Süsswarengiganten Hershey zeigt ein Minus von 4 Prozent im selben Zeitraum. Der Partizipationsschein von Lindt & Sprüngli hat letzten zwölf Monaten 6 Prozent zugelegt.

Daniel Hügli
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