Mit knapp 94 Franken, erreicht letzte Woche, bewegt sich die Aktie von Novartis auf dem höchsten Stand seit Februar 2020. Damals wurde auch das Rekordhoch erzielt, es liegt bei 96,38 Franken und damit nicht weit vom aktuellen Kursniveau.

Einen Schub erhielt die Novartis-Aktie insbesondere nach dem 6. September. Damals bestätigte Novartis den Börsengang der Generika-Sparte Sandoz für den 4. Oktober. Die bestehenden Novartis-Aktionäre erhalten je eine Sandoz-Aktie für fünf Novartis-Aktien.

Nach einer Reihe von Rating- und Kurszielerhöhungen durch Analysten gab zuletzt die US-Bank Morgan Stanley ihre negative Haltung für Novartis auf. Sie erhöhte die Anlageempfehlung für die Aktie von "Untergewichten" auf ”Gleichgewichten”.

Nach der Abspaltung der Augenheilsparte Alcon im April 2019 fokussiert sich Novartis nach dem weiteren Spin-Off von Sandoz nun also noch mehr auf das Kerngeschäft. Der “Gemischtwarenladen” Novartis gehört mehr und mehr der Vergangenheit an. Der Konzern liegt damit im jahrelangen Industrietrend: In den letzten fünf Jahren haben Eli Lilly, Johnson & Johnson, Merck, Pfizer oder GlaxoSmithKline Sparten losgeschlagen.

Klar: Mit Sandoz verabschiedet Novartis eine Sparte, die wegen ihrer geringeren Profitabilität auf der Konzernmarge lastet. “Damit wird dann auch die letzte Division von Novartis weg sein, die nicht wirklich viele Synergien mit dem reinen Pharmageschäft aufweist”, sagt Michael Nawrath, Senior Advisor Healthcare bei Octavian in Zürich, auf cash.ch-Anfrage.

Doch ist der Anstieg der Novartis-Aktie ausschliesslich auf das Thema Sandoz zurückzuführen, wenn man bedenkt, dass die Generika-Sparte weniger als 20 Prozent zum Gesamtumsatz von Novartis beiträgt? Nein. “Es ist wie so oft die Schwäche des Rivalen, die hier mitspielt”, sagt Nawrath. Er meint damit die kriselnde Roche. Denn die Schwäche des einen Pharma-Platzhirsches in Basel hat wohl auch zu Umschichtungen in die Novartis-Aktien geführt.

Investorentag von Roche enttäuschte die Anleger

Der Investorentag, den Roche am 11. September in London abhielt, hat diese Schwäche nicht beenden können. Roche verlor an der Börse am selben Tag weiter an Boden. Nawrath beurteilt die Medikamenten-Pipeline von Roche mit Produktkandidaten, die kurz vor einer Zulassung stehen, als “recht dünn”. Insgesamt sieht Nawrath Roche in einer “schwierigen Verfassung”. Zuletzt sei der Basler Pharmakonzern 2010 in einer derartigen Verfassung gewesen, als mehrere Schlüsselstudien für neue Wachstumstreiber fehlschlugen.

Die Diskrepanz zeigt sich an der Börse. Die Aktie von Novartis ist in diesem Jahr 11 Prozent gestiegen und belegt damit den achten Platz im Swiss Market Index, der in der gleichen Zeit 2 Prozent zugelegt hat. An letzter Stelle im SMI liegt Roche, die 2023 an der Börse 15 Prozent verloren hat. Seit dem Rekordhoch Mitte April 2022 ist der Genussschein von Roche um 36 Prozent abgestürzt.

Wie stark die Aktie von Novartis noch zulegen kann, hängt also auch von der künftigen Verfassung von Roche ab. Lichtblicke sind dort noch keine auszumachen. Marktbeobachter gehen überdies davon aus, dass der Fokus nach dem Spin-Off von Sandoz keineswegs auf der Generika-Tochter liegt, sondern weiterhin auf Novartis, was für weitere Kursgewinne der Aktie spricht.

Eli Lilly und Novo Nordisk machen die Musik

Laut Morgan Stanley steht Novartis auch vor einigen wichtigen Datenpublikationen in den kommenden Monaten. Allerdings seien die auslaufenden Patente mittelfristig weiterhin eine Herausforderung, schreibt der zuständige Analyst. Bei Bloomberg erfasste Pharmaexperten haben im Schnitt ein Kursziel von rund 100 Franken für Novartis, was einem Aufwärtspotenzial von nur rund 5 Prozent entspricht.

Für Michael Nawrath von Octavian spielt die Pharma-Musik mehr im Ausland. Dividendenzahlungen, Aktienrückkäufe, Akquisitionen von kleineren Unternehmen, wie Novartis und Roche dies seit Jahren tun, seien ja gut und recht. Aber dies rufe keine Begeisterung bei den Investoren hervor und verursache oft nicht das erhoffte Wachstum, so Nawrath.

Nawrath nennt in diesem Zusammenhang die Pharmaunternehmen Eli Lilly aus den USA und Novo Nordisk aus Dänemark. Beide Firmen weisen ein zweistelliges Umsatzwachstum aus, und Investoren belohnen dies. Eli Lilly hat an der Börse seit Jahresbeginn 50 Prozent zugelegt, Novo Nordisk 38 Prozent. “Beim Wachstum dieser Firmen rechtfertigt sich auch ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 70 bis 80 wie bei Eli Lilly”, sagt Nawrath.

Daniel Hügli
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