Ob Richemont, Novartis oder ABB: Viele Schweizer Unternehmen haben dieses Jahr wieder üppige Aktienrückkauf-Programme aufgelegt. Das Volumen der Rückkäufe hat jüngst neue Höchststände erklommen. Allein im letzten Jahr hat die Übernahmekommission (UEK) 22 Aktienrückkaufprogramme im Volumen von maximal 37,5 Milliarden Franken genehmigt, wie aus ihrem Tätigkeitsbericht 2022 hervorgeht. Damit ist das Volumen zweieinhalb mal so gross wie noch im letzten Jahr.
Auch dieses Jahr wurden bereits wieder neue milliardenschwere Programme aufgelegt, etwa von Richemont (10 Millionen A-Aktien bis 2026), ABB (1 Milliarde Dollar bis 2024), Logitech (1 Milliarde Dollar bis 2026), Lonza (2 Milliarden Franken bis 2025) oder Novartis (10 Milliarden Franken bis 2026). Auffallend ist dabei, dass die Programme in den letzten Jahren immer grösser wurden.
Aktuell laufen 21 Programme im Umfang von fast 50 Milliarden. Dabei ist die Hälfte der Programme über eine Milliarde Franken schwer. Man müsse aber beachten, dass der Horizont der Programme oft auf mehrere Jahre ausgelegt sei und die maximale Höhe nicht immer ausgeschöpft werde, sagt Vontobel-Analyst Manuel Lang.
Berechnungen von Vontobel zeigen aber, dass Unternehmen tatsächlich auch sehr viel Geld in die Rückkäufe stecken: Laut einem Bericht der Bank wurden 2022 Aktien im Wert von rund 34 Milliarden Franken zurückgekauft. Das entspreche 3,7 Prozent der Marktkapitalisierung, womit Schweizer Unternehmen deutlich mehr Geld an die Aktionäre zurückführten als europäische (2,4%) und US- amerikanische (2,2%).
Hohe Qualität der Schweizer Unternehmen
Für Vontobel ist dies vor allem auch Ausdruck der hohen Qualität der Schweizer Unternehmen. Diese erwirtschaften im Vergleich zu ihrem Marktwert hohe Geldflüsse. Laut Studien-Co-Autor Lang weisen Schweizer Unternehmen derzeit eine historisch hohe Free-Cashflow-Rendite von über 8 Prozent auf - damit sind sie ihren Konkurrenten aus Europa und den USA erstmals seit 2017 wieder deutlich voraus.
Aktienrückkäufe können verschiedenen Zwecken dienen. So können Unternehmen die zurückgekauften Aktien für Mitarbeiterbeteiligungen oder als "Währung für Übernahmen" nutzen. Meistens jedoch vernichten sie die Papiere. Das führt dazu, dass der Unternehmensgewinn auf weniger Aktien verteilt wird - der Gewinn pro Anteilsschein steigt also. Im Fachjargon nennt man das "Gewinnverdichtung".
Damit sind Aktienrückkäufe eine attraktive Ergänzung oder Alternative zu Dividendenausschüttungen. Im Vergleich zu Dividenden weisen sie vor allem steuerliche Vorteile auf: Mit der Ausnahme von Ausschüttungen aus Kapitaleinlagereserven müssen ausbezahlte Dividenden versteuert werden. Steigt aufgrund von Rückkäufen der Aktienkurs, fallen dagegen keine Steuern an, solange die Gewinne nicht durch einen Verkauf der Aktien realisiert werden.
Unternehmen wiederum profitieren von mehr Flexibilität als bei Dividenden. Aktienrückkäufe überbrückten die Lücke zwischen überschüssigem Kapital und Dividenden, schreibt Vontobel. Somit könnten Unternehmen mehr Geld an Aktionäre zurückführen, ohne sich auf ein Muster der regelmässigen Dividendenerhöhungen festlegen zu müssen.
Umfeld für Aktienrückkäufe weiterhin positiv
Auch Zahlen der SNB deuten daraufhin, dass Aktienrückkäufe an Bedeutung gewinnen: Die Lücke zwischen Dividendenzahlungen und Kapitalherabsetzungen - die meist auf das Konto von Aktienrückkäufen gehen, aber auch auf (seltenere) Kapitalschnitte zurückzuführen sein können - hat sich in den letzten Jahren stetig verkleinert. Vor fünf Jahren steckten die Unternehmen gemäss den SNB-Zahlen noch knapp 37 Milliarden Franken mehr in Dividenden-Ausschüttungen als in Rückkäufe. 2022 betrug der Rückstand nur noch 10,5 Milliarden.
Zwar liefen kürzlich zwei grössere Programme - von Holcim und Swiss Life - ohne Neuauflage aus. Dennoch zeigt sich Vontobel-Analyst Lang zuversichtlich, dass das Umfeld für Aktienrückkäufe weiterhin positiv sei: So hätten sich zwar die Aktienbewertungen im Vergleich zu Jahresbeginn etwas erholt, historisch gesehen seien sie aber noch auf tiefem Niveau.
Wenn Manager das Gefühl hätten, der wahre Wert des Unternehmen spiegle sich nicht im Kurs, könnten sie vermehrt zu Rückkäufen greifen. Und auch die Inflation und höhere Zinsen seien gute Gründe, flüssige Mittel an die Aktionäre zu verteilen anstatt zu horten und an Wert verlieren zu lassen.
(AWP)
2 Kommentare
"Steigt aufgrund von Rückkäufen der Aktienkurs, fallen dagegen keine Steuern an, solange die Gewinne nicht durch einen Verkauf der Aktien realisiert werden."
Grundsätzlich werden in der Schweiz Kapitalgewinne nicht besteuert. Ausnahme: Professionelle Anleger.
Das Problem bei diesen Aktienrückkäufen ist, dass dies meist bei höchstständen ausgeführt werden (wenn die Firma gut läuft) und meist auch Ratlosigkeit bei der Investition in das eigene Unternehmen bestehen (Zukäufe/Produktentwicklung). Und die Gewinnverdichtung wird dann später so oder so auf die Steuer auswirken. Ist nur aufgeschoben. Aber es ist klar "Gewinnverdichtung" klingt einfach zu gut :-) Besser wäre eine 50/50 Verteilung als Dividendenerhöhung und Aktienrückkauf, somit hätte man beide Kapitalrückführungen abgedeckt.