Die Kolumne «Gopfried Stutz» erschien zuerst im 

Heute wollen wir uns mit thesaurierenden Anlagefonds beschäftigen, auch im Hinblick auf die Steuererklärung.

Der Laie fragt sich: Was um Himmels willen heisst thesaurieren? Laut meinem Fremdwörterbuch vom 1. Juli 1966: Geld oder Edelmetalle horten. Und laut dem Fonds-Glossar von Raiffeisen: Regelmässige automatische Wiederanlage von Erträgen im Fonds. Auch Reinvestition genannt.

Voilà. Es gibt ausschüttende Fonds, und es gibt thesaurierende Fonds. Bei Letzteren werden Dividenden und Zinsen nicht dem Konto gutgeschrieben, sondern automatisch reinvestiert. Damit erhöht sich der Bestand an Fondsanteilen von Jahr zu Jahr.

Weil eben bei thesaurierenden Fonds keine Dividenden und Zinsen ausgeschüttet werden, erliegen manche dem Irrtum, man müsse die Erträge auch nicht versteuern. Schön wärs.

Der Bruttoertrag, eben die Dividende oder der Zins, ist in der Steuererklärung auch bei thesaurierenden Fonds in der Kolonne Bruttoerträge einzutragen. Wenn man das nicht macht, machts die Steuerbehörde.

Ein Kollege sagte mir kürzlich, er würde das nie tun. Er wisse gar nicht, wie hoch der Ertrag sei. Ihm werde auf dem Konto nichts gutgeschrieben.

Da hat er wohl recht. Doch wissen könnte man sehr wohl, wie hoch die zu versteuernden Erträge sind und ob sie der Verrechnungssteuer unterliegen oder nicht. Dazu muss man allerdings die Kursliste der eidgenössischen Steuerverwaltung. Dort ist übrigens auch der Steuerwert der entsprechenden Wertschriften zu finden. Er entspricht nämlich nicht immer dem Wert, der auf dem Bankenauszug aufgeführt ist.

Aber kommen wir zur Kernfrage: Thesaurierend oder ausschüttend – was ist besser? Banken raten oft zum Kauf von thesaurierenden Fonds und somit zur Reinvestition der Erträge, weil sich damit der Bestand der Fondsanteile von Jahr zu Jahr erhöht. Andere sagen: Es sei Hans wie Heiri, steuerlich wie renditemässig.

Das mag alles richtig sein. Ich ziehe ausschüttende Fonds trotzdem vor. Ich will wissen, was meine Anlagen an Dividenden abwerfen. Und das nicht erst beim Ausfüllen der Steuererklärung. Wenn schon der Fonds an Wert verliert, will ich mich wenigstens über den auf dem Konto gutgeschriebenen Ertrag freuen. Transparenz ist mir wichtig.

Selbstbetrug sei das, meinte der Kollege. Bei ausschüttenden Fonds falle der Kursverlust noch grösser aus als bei der reinvestierenden Variante.

Mag sein. Aber kümmert es mich, wenn der Wert meiner Fondsanteile im Jahr um 400 oder um 600 Franken schrumpft? Nein. Kümmert es mich, wenn meinem Konto im Verlauf des Jahres 200 Franken gutgeschrieben werden? Ja.

Da haben wir es: Wertschriftenanlagen haben viel mit Glücksgefühlen, Wohlbefinden und womöglich Selbsttäuschung zu tun – einer Selbsttäuschung, die einen nicht stört.