Die Aktienmarkt-Story ist für Roger Keller weiterhin intakt. Dafür spricht laut dem Chef-Anlageberater des Schweizer Ablegers von BNP Paribas die aggressive Politik der Notenbanken weltweit, welche der fragilen Konjunktur weiter auf die Beine helfen werden. Denn die Weltwirtschaft befinde sich auch vier Jahre nach der letzten Rezession noch immer in den Anfangsphasen eines Aufwärtszyklus. Die Konjunktur brauche weiter eine "Intensivbehandlung", sagte Keller am Dienstag an einem Mediengespräch in Zürich.
Insbesondere die Federal Reserve in den USA werde ihre Politik der quantitativen Lockerung "bis mindestens im Frühjahr 2015" weiterverfolgen. Auch von der Europäischen Zentralbank seien weitere Schritte zur Stabilisierung der Eurozone zu erwarten, insbesondere hinsichtlich der Bankenunion. Die Zentralbanken könnten ihre Geldpolitik auch deshalb weiter durchziehen, da bislang keine Inflationsgefahren am Horizont sichtbar seien.
Für mittel- und langfristig weiter steigende Aktienmärkte sprechen laut Keller auch die jüngsten Konjunktur-News aus den USA. Demnach ist mit weiter moderat steigenden Konsumausgaben und Job-Wachstum zu rechnen. Gerade am Montag hatten die Umsatzdaten vom US-Einzelhandel die Zuversicht auf ein weiteres moderates Wirtschaftswachstum in den Vereinigten Staaten gestützt. Im April waren die Einzelhandelsumsätze in der grössten Volkswirtschaft der Welt überraschend gestiegen.
Wegen des erwarteten Anziehens der US-Wirtschaft, die laut BNP-Schätzung in einem Wachstum von 2,4 Prozent im 2014 münden werde, sollten sich Investoren Gedanken machen über einen Wechsel ihrer Asset Allocation innerhalb der Aktienwelt. Auf der Suche nach Rendite sind laut Keller die Börsen im 2012 und 2013 vor allem durch defensive, dividendenstarke Titel getrieben worden. Die Suche nach Rendite werde im Lauf dieses Jahres wegen der guten Konjunkturaussichten aber nach und nach abgelöst durch die Anleger-Suche nach Wachstum.
SMI wenig attraktiv
Investoren sollten demnach von nicht-zyklischen auf zyklische Werte umsatteln, vor allem in den USA und Europa, so Keller weiter. Er empfiehlt vor allem Aktien aus den Sektoren Industrie, Bau- und Werkstoffe, Finanz und etwas später auch aus dem Bereich Informationstechnologie. Wegen seiner defensiven Ausrichtung ist in einem Umfeld mit anziehender Konjunktur der Schweizer Markt wenig attraktiv.
Die Börsen werden den Investoren-"Shift" von defensiven Aktien auf Zykliker nicht schadfrei überstehen. "Die Aktienmärkte treten in eine Übergangsphase ein", so Keller. Er rechnet mit einem Kursrückgang der US-Märkte von "maximal" 10 Prozent im Sommer. "Das wird dann aber eine eher kurzlebige Sache".
Gold werde sich in dieser Übergangsphase weiter erholen. Keller rechnet in den nächsten Wochen mit einem weiteren Anstieg des Goldpreises auf 1550 Dollar pro Feinunze, "wenn nicht auf 1650 Dollar". Doch dann sei angesichts der Investorenerkenntnis einer anziehenden Konjunktur und zunehmender Sicherheit im Euroraum vorerst mal Schluss mit dem Anstieg der Edelmetall-Notierung.
Auf Bond-Seite empfiehlt Keller den Investoren, die Gewinne bei Investment-Grade-Anleihen mit langen Laufzeiten oder tiefen Renditen zu realisieren und statt dessen auf High-Yield-Bonds und Unternehmensanleihen zu setzen.