Julius Bär unterliegt im sogenannten "Cantrade-Rechtsstreit" mit der deutschen Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS). Es geht um rund 97 Millionen Franken plus Zinsen. Die Zürcher Bank will das Urteil zwar am Bundesgericht anfechten und die Summe im Fall einer erneuten Niederlage bei der früheren Cantrade-Mutter UBS geltend machen.

Allerdings muss Julius Bär vorsorglich Rückstellungen in Höhe von 153 Millionen Franken bilden. Es ist nach dem knapp 100 Millionen Franken schweren Goodwill-Abschreiber auf Kairos bereits die zweite Hiobsbotschaft für die Aktionäre innerhalb weniger Wochen.

Da noch nicht klar ist, ob das Bundesgericht das Urteil bestätigt und die Zürcher Bank die Kosten auch wirklich selber tragen muss, reagiert die Börse ziemlich entspannt. Nach einem frühen Rücksetzer auf 45,65 Franken verliert sie zur Stunde noch 0,2 Prozent auf 46,03 Franken.

Letztes Wort noch nicht gesprochen

Das Handelsgeschehen wird von der Angst überschattet, wonach das Mitte November angekündigte Aktienrückkaufprogramm gefährdet sein könnte. Denn neben dem "Cantrade-Rechtsstreit" sind weitere möglicherweise kostspielige Rechtsfälle offen.

Eigenen Angaben zufolge will das Unternehmen bis Februar 2021 für 400 Millionen Franken eigene Aktien zurückkaufen. Zumindest in Analystenkreisen gibt man diesbezüglich aber Entwarnung und hält diese Ängste für übertrieben.

Wie der für Vontobel tätige Bankenanalyst in einer ersten Stellungnahme schreibt, sei Julius Bär nach dem jüngsten Urteil des Obergerichts Zürich gezwungen, die gesamte Streitsumme buchhalterisch zurückzustellen. Ausserdem lasse die Übernahmevereinbarung für Cantrade von 2005 ein Regress auf die UBS als früheres Mutterhaus zu, so ergänzt er. Seines Erachtens ist das letzte Wort damit noch nicht gesprochen. Dennoch stuft der Analyst die Aktie weiterhin nur "Hold" und einem Kursziel von 44 Franken ein.

Beste Schweizer Grossbankaktie in diesem Jahr

Sein Berufskollege bei der Zürcher Kantonalbank zeigt sich erstaunt darüber, wie weit zurückliegende Ereignisse aus vergangenen Zeiten des Schweizer Private Bankings die heutigen Banken noch einholen können. Er rechnet in diesem Zusammenhang zwar nicht mit direkten Auswirkungen auf das Tagesgeschäft, sieht sich von der aktuellen Nachrichtenlage jedoch in seiner kürzlich vollzogenen Herunterstufung der Aktie von "Übergewichten" auf "Marktgewichten" bestärkt.

Nachdem die Aktie von Julius Bär 2018 zu den Verlierern aus dem Swiss Market Index (SMI) zählte und aus dem viel beachteten Börsenbarometer ausschied, scheint sie mittlerweile rehabilitiert. Mit einem Kursplus von gut 30 Prozent hat die Aktie gegenüber jenen der beiden anderen Schweizer Grossbanken UBS (-3,4 Prozent) und Credit Suisse (+18,6 Prozent) die Nase vorn.