Aktienrückkäufe sind für Unternehmen eine gängige Strategie, um Kapital an ihre Aktionäre zurückzuführen. In der Schweiz ist es nach Dividendenzahlungen das zweitbeliebteste Mittel. Dabei kauft das Unternehmen systematisch und über einen festgelegten Zeitraum eigene Aktien in einer vordefinierten Höhe am Markt zurück. Das jeweilige Programm wird in der Regel an der Generalversammlung beschlossen.

Firmen reduzieren ihren Bestandteil an Aktien am Markt meist dann, wenn sie gezielt Kapital abbauen wollen, insbesondere wenn ein Unternehmen keine attraktiven Investitionsmöglichkeiten sieht oder seine Aktien für unterbewertet hält. Durch den Rückkauf reduziert sich die Anzahl ausstehender Aktien. In der Regel steigt der Kurs, weil der Gewinn pro Aktie (EPS) auf weniger ausstehende Titel verteilt wird. Diesen Effekt nennt man im Finanzjargon auch Gewinnverdichtung.

Doch damit der Rückkauf überhaupt kursstützend wirken kann, müssen die Valoren quasi vernichtet werden. Das heisst, sie dürfen nicht weiter am Markt existieren, etwa in Form von Management- oder Mitarbeiterprogrammen. Ein weiterer Vorteil ist, dass Aktienrückkäufe für die Investorinnen und Investoren in der Schweiz von der Steuer befreit sind - anders als bei ausgeschütteten Dividenden. 

Rückkäufe weniger verbreitet als Dividendenausschüttungen

Trotz dieser Vorteile sind die sogenannten «Share Buybacks» in der Schweiz weniger verbreitet als Dividendenauszahlungen. Eine Auswertung der Bank Vontobel zeigt, dass per Ende Juni lediglich zwölf Unternehmen ein solches Programm am Laufen hatten – also fast 13 Prozent der insgesamt 94 von der Bank abgedeckten Firmen.

So wurden im Rahmen der aktuell laufenden Rückkaufprogrammen Aktien im Wert von 2,8 Milliarden Franken (Stand Ende Juni) zurückgekauft. Entsprechend standen der Grossteil der geplanten Volumina - insgesamt über 17 Milliarden Franken - per 30.6.2025 noch aus. So haben Novartis den Rückkauf von eigenen Aktien im Wert von 10 Milliarden Franken, die UBS von rund 1,6 Milliarden erst Anfang Juli lanciert. Gemäss Manuel Lang, Aktienanalyst bei Vontobel, hätten die UBS, Novartis und Lindt&Sprüngli im Juli bereits weiter stark Aktien zurückgekauft, wie Firmenberichte zeigen würden. 

Übersicht der Firmen mit aktuell laufenden Rückkaufprogrammen:

Unternehmen Zeitraum Total Volumen in Millionen Franken Bereits zurück-
gekauftes
Volumen in 2025 in Millionen Franken
In Prozent der Marktkapital-isierung Kurs-
performance seit
1.1.2025
ABB Feb. 25 - Jan. 26 1201 560 0,90% + 8,34 %
Avolta Jan. 25 - Dez. 25 200 94 1,60% + 18,33 %
Bucher Industries Apr. 25 - Apr. 27 143 34 2,70% + 23,77 %
Geberit Sep. 24 - Sep. 26 300 102 1,00% + 21,80 %
Lindt&Sprüngli Aug. 24 - Jul. 26 500 400 0,30% + 20,00 %
Logitech Sep. 23 - Sep. 26 1600 1047 4,40% + 2,47 %
Mobilezone Aug. 22 - Aug. 25 45 12 6,70% + 13,10 %
Novartis Jul. 25 - Dez. 27 10000 - 4,90% + 4,68 %
Schindler Nov. 24 - Nov. 26 500 151 1,10% + 15,96 %
Swiss Life Dez. 24 - Mai 26 750 302 1,90% + 20,78 %
Temenos Apr. 25 - Dez. 25 250 147 2,50% + 11,70 %
UBS Jul.25 - Jun. 27 1602 - 2,20% + 9,59 %

Stand per 30.06.2025

  17091 2849    

Quelle: Bank Vontobel, Daten Bloomberg

Theoretisch sollte ein Aktienrückkauf zu einem steigenden Kurs und einem höheren EPS führen. Bei den Firmen ist dieser Effekt denn auch spürbar: ABB legte seit Jahresbeginn zu und bewegt sich nach einem temporären Rücksetzer im April wieder in Richtung Mehrjahreshoch. Auch Avolta profitierte vom laufenden Programm, die Aktie legte seit Januar über 18 Prozent zu.

Bucher Industries (+23,8 Prozent), Geberit (+21,8 Prozent) und Lindt&Sprüngli (+20 Prozent) gehören ebenfalls zu den Gewinnern. Doch die Vergangenheit zeigt: Stimmen die Fundamentaldaten nicht, verpufft der Rückkaufeffekt, wie das Beispiel Nestlé aus dem vergangenen Jahr verdeutlicht. Trotz Programm blieb 2024 ein positiver Impuls aus. Die Unternehmensresultate 2023 und die Erwartungen für das laufende Jahr konnten am Markt nicht überzeugen, was die Analystenbewertungen und den Aktienkurs dämpfte.

Mehr «Share Buybacks»-Programme als im Vorjahr

Im Vergleich zu 2024 sind dieses Jahr mehr Programme aktiv. Wiederkehrer wie ABB, Geberit, Novartis und UBS haben nach Abschluss ihrer bisherigen Programme wieder neue gestartet. Hingegen haben Holcim, Zurich Insurance und Nestlé ihre Programme beendet und bislang keine weiteren aufgelegt. Dafür kamen neue Firmen hinzu. Etwa Swiss Life, Schindler, Bucher Industries, Temenos oder Avolta. Eine branchenspezifische Tendenz ist nicht erkennbar. Sechs der aktiven Programme stammen von SMI-Titeln, sechs aus dem breiten Markt.

Dass die UBS per 1. Juli ein neues milliardenschweres Aktienrückkaufprogramm gestartet hat, überrascht kaum. Die Grossbank betont regelmässig die strategische Bedeutung dieses Instruments für Finanzwerte. Dennoch ist sie neben Swiss Life derzeit das einzige von Vontobel abgedeckte Finanzinstitut mit einem aktiven Programm dieser Art. 

Cyrill Marugg, Fachleiter Investment Research bei der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB), sagt dazu: «Die UBS steht als Grossbank im Wettbewerb mit anderen europäischen und US-Instituten mit vergleichbarer Ausgangslage.» Diese hätten in den vergangenen Jahren immer wieder Aktienrückkäufe durchgeführt, was am Markt gut angekommen sei. Würde die UBS keine Rückkäufe tätigen, könnte das ihre Aktie für einige Investoren weniger attraktiv machen, so der Experte.

Diese Einschätzung teilt auch Andreas Venditti, Bankenspezialist bei Vontobel und verdeutlicht es an folgendem Beispiel: «Ein Extremfall ist JPMorgan, deren Marktkapitalisierung ist achtmal so gross wie die der UBS, das Rückkaufprogramm mit 50 Milliarden Dollar aber 25-mal so gross.»

Zuverlässigkeit und Vorhersehbarkeit von Dividenden ist Trumpf

Während Aktienrückkäufe in den USA längst ein gängiges Mittel der Kapitalrückführung sind, greifen Schweizer Unternehmen deutlich seltener zu diesem Instrument. «Einerseits sind Aktienrückkäufe in den USA historisch das mehrheitlich benutzte Mittel zur Kapitalrückführung an die Aktionäre», erklärt Manuel Lang, Aktienanalyst bei Vontobel. «Andererseits sind Aktienrückkäufe im Vergleich zu Dividenden ein flexibleres Instrument der Kapitalallokationspolitik.» Vor allem wachstumsorientierte US-Unternehmen würden dieses Mittel nutzen, um sich strategische Freiräume für Forschung, Übernahmen oder Investitionen offenzuhalten, so der Vontobel-Experte. Das sei auch an der tieferen Dividendenrendite in den US-Aktienindizes ersichtlich. Schweizer Titel hingegen setzen «vermehrt auf die Zuverlässigkeit und Vorhersehbarkeit von Dividenden», so Lang weiter.

Auch Cyrill Marugg von der BLKB verweist auf strukturelle Gründe: «Gerade im Schweizer Privatkundensegment werden regelmässige Ausschüttungen oftmals wertgeschätzt und stellen ein Argument für das Halten eines bestimmten Titels dar.» Hinzu kämen regulatorische und administrative Hürden. Rückkäufe seien im Schweizer Obligationenrecht auf 10 Prozent des Aktienkapitals beschränkt. Zudem müsse an der SIX für Rückkaufprogramme teils eine zweite Handelslinie eingerichtet werden – was den administrativen Aufwand für die Unternehmen erhöhe, begründet Marugg.

Rückkaufprogramme als Wundermittel? Nicht ganz...

Trotz der Vorteile stehen die Aktienrückkaufprogramme auch in der Kritik. Zum einen verringern diese automatisch das Eigenkapital des Unternehmens, was das Risiko einer Pleite erhöhen kann. Andererseits werden diese Rückkäufe oftmals durch Fremdkapital finanziert. Das heisst, das Unternehmen nimmt Kredite auf, um Aktien von den Aktionären zurückzukaufen. Dies ist nur solange tragbar, wie das Unternehmen freie Cashflows erzielt. 

Ferner kann ein kurzfristiger Anstieg des Aktienkurses aus Eigeninteresse des Managements angestrebt werden - besonders, wenn deren Vergütung von der Börsenperformance abhängt. 

Zum andern kann die sogenannte Strategie der Gewinnverdichtung - weniger Aktien heisst ein steigender Gewinn pro Aktie - auf den ersten Blick vorteilhaft für die Aktionäre erscheinen, jedoch auf Kosten von Investitionen in die Zukunft des Unternehmens gehen. Langfristig fehlende Investitionen können das Wachstum des Unternehmens beeinträchtigen, besonders wenn die Konkurrenz sich weiterentwickelt und das Unternehmen überholt.

Aktienrückkaufprogramme bleiben also ein zweischneidiges Schwert: Sie bieten Vorteile für Unternehmen und Investoren, bergen aber auch Risiken. Entscheidend ist, ob sie Teil einer soliden Gesamtstrategie sind – oder lediglich ein Mittel zur kurzfristigen Kurskosmetik.

Monique Misteli
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