cash.ch: Frau Magee, kürzlich haben Sie in einem Interview gesagt, dass die aktiv gemanagten ETF in unsicheren Zeiten eine wichtige Rolle spielen. Können Sie die Aussage kurz erläutern?
Katherine Magee: Kunden können mit aktiven ETFs flexibler strukturieren als mit anderen aktiv gemanagten Anlagefonds. Das ermöglicht ihnen in volatilen Zeiten, wie wir diese gerade erleben, schneller auf Marktineffizienzen zu reagieren, also die Sektor- und Aktienrisiken effektiver über die Portfolios hinweg zu diversifizieren.
Was heisst das für die Investoren?
Trotz der aktiven Verwaltung behalten die ETF die Liquiditätsmerkmale und Kostenvorteile traditioneller ETF. Wir sind der Meinung, dass wir mit aktivem Management für die Kunden eine höhere Rendite erwirtschaften können und dass der ETF das geeignete Anlagevehikel dafür ist.
Wie will J.P. Morgan Asset Management dies erreichen?
Wir wollen, also unsere aktiv verwalteten Strategien in einem Investmentfonds, in segregierten Konten oder in einem ETF-Wrapper anbieten können. Sowohl unsere US-amerikanischen ETF-Kunden als auch jene in Europa und Asien zeigen vermehrt Interesse daran.
Welche Strategien verfolgen Sie bezüglich aktiven ETF?
Unsere Kompetenzen im Bereich US-Aktien reichen von Core, Sustainable, Value, Growth bis zu Income orientierten Strategien. Darüber hinaus haben wir ein kleineres Portfolio an aktiven ETF in Europa und global. Und wir verfügen über ein grosses Angebot an aktiven festverzinslichen Wertpapieren, die ebenfalls von den Investoren stark nachgefragt werden. Vereinfacht gesagt, betrachten wir das gesamte Spektrum der Investoreninteressen und versuchen, Strategien zu entwickeln, die alles abdecken.
Was interessiert Ihre Kunden zurzeit?
Aktuell sind es Aktien-Premium-Income-ETF. Dabei handelt es sich um aktiv verwaltete ETFs, die auf ein gleichbleibendes Einkommen der Investoren abzielen. Das bedeutet aber auch, dass sie eine konservativere Aktienzuteilung erhalten, die sich von der Zuteilung an den traditionellen Aktienmärkten unterscheidet. Zudem haben wir gemerkt, dass die Investoren über ihre Allokation im Gesamtportfolio nachdenken und sicherstellen wollen, dass sie die Risiken, die sie eingehen, richtig einschätzen. Das bedeutet für uns als aktive Manager Möglichkeiten zu finden, um über das gesamte Spektrum hinweg investieren zu können.
Mit welchen Methoden identifizieren Sie diese Investitionsmöglichkeiten?
Wir haben mehr als 80 Analysten für Grundlagenforschung an neun Standorten rund um den Globus stationiert. Sie führen sektorspezifische Untersuchungen durch, treffen sich mit einzelnen Unternehmen in diesen Sektoren und beschaffen sich vor Ort Informationen darüber, wie wir navigieren können und wie wir Gewinner in vielen verschiedenen Sektoren finden können. Und so finden wir Chancen in verschiedenen Sektoren, vielleicht in Bereichen wie dem Einzelhandel, wo wir sehen, dass die Verbraucher zum Beispiel in den Branchen Gastronomie und Reisen interessiert sind. Dann sehen wir auch einige Chancen im Industriesektor, vor allem bei den Unternehmen, die auf die Elektrifzierung der Wirtschaft, also Halbleiter, ausgerichtet sind und einen Teil des Strombedarfs decken, der diese technologische Revolution unterstützen wird. Es geht also darum, eine breite Basis an unterschiedlichen Erkenntnissen zu finden. Wir investieren viel in die Grundlagenforschung.
Wie viele Positionen haben Sie in aktiv verwalteten ETF-Fonds in Bezug auf den US-Markt?
Unser grösster ETF, der Research Enhanced Equity Index, der den S&P 500 als Benchmark hat, besteht aus etwa 250 Titeln. Der Markt besitzt natürlich 500. Der ETF ist also sehr diversifiziert, wobei wir auf der Grundlage unserer Inputs kleine Über- und Untergewichtungen auf Aktienebene vornehmen. Aber wie bereits erwähnt, kann dieser Anteil auch variieren, je nach Anlagestrategie, die ein Investor wählt.
Welches aktive ETF-Portfolio hat sich im letzten Jahr bei Ihnen am besten und am schlechtesten entwickelt?
Im Allgemeinen haben wachstumsorientierte Strategien im letzten Jahr besser performt, während Value aus der Perspektive des Gesamtmarktes eine etwas grössere Herausforderung darstellten.
Was sind die Nachteile von aktiven ETF?
Neben höheren Transaktionskosten - das TER kann sich für aktive ETFs zwischen 0,2 bis 0,85 Prozent belaufen - ist neben einer Outperformance auch eine Underperformance möglich.
Welche makroökonomischen Überlegungen sollten Anleger in Betracht ziehen, wenn sie dieses Jahr in aktiv verwaltete ETF investieren wollen?
Wir haben festgestellt, dass es an den Märkten in der Vergangenheit häufig zu Phasen der Volatilität gekommen ist. Und trotz der Volatilität innerhalb eines Jahres tendieren die Aktienmärkte im Allgemeinen nach oben. So auch in diesem, bis jetzt sehr volatilen Jahr: Ende letzter Woche hat der Markt in Dollar gerechnet um 1,8 Prozent zugelegt. Und deshalb denke ich, dass es für die Investoren sehr wichtig ist, langfristig zu denken und nicht zu versuchen, den Markt zu timen. Denn es ist sehr schwer zu sagen, wann die Talsohle erreicht ist. Wissen Sie, am Markt kommen die besten Renditetage manchmal sehr schnell nach den schlechtesten Tagen. Deshalb gilt auch für aktiv gemanagte ETFs: investiert zu bleiben und nicht zu versuchen, makroökonomische Ereignisse zu timen.
Katherine Magee (35) ist Anlagespezialistin im US-Aktiengeschäft von J.P. Morgan Asset Management in London. Sie arbeitet mit Portfoliomanagern und Research-Analysten zusammen, um die Anlagestrategien, insbesondere für US-Aktien, bei Investoren in EMEA, Lateinamerika und Asien zu positionieren.
Das Interview fand im Rahmen einer von J.P. Morgan organisierten Pressereise statt.
1 Kommentar
Klappt auch umgekehrt: Nach guter Renditephase kann sehr schnell das Gegenteil eintreten.