Die Finanzmärkte erwarten von den US-Notenbankern beim geldpolitischen Schlüsselsatz trotz des Drängelns von Trump keine Veränderung. Der Entscheid wird am Mittwochabend um 20:00 Uhr (MEZ) kommuniziert. Die Federal Reserve hat den Leitzins in diesem Jahr noch nicht angetastet.

Vor der anstehenden Notenbanksitzung hatte US-Präsident Donald Trump seiner Forderung nach einer kräftigen Zinssenkung Nachdruck verliehen. «Er sollte senken», sagte er anfangs Woche mit Blick auf den von ihm schon seit langem kritisierten Notenbankchef Jerome Powell. Trump fügte hinzu: «Eine kluge Person würde senken.» Doch Powell werde bald gehen. Die Amtszeit des US-Zentralbankchefs endet im Mai 2026. 

Die US-Zentralbank dürfte allerdings zunächst abwarten, wie sich die Zollpolitik auf Inflation und Arbeitsmarkt auswirkt. Der Geldmarkt preist eine erste Senkung in diesem Jahr frühestens für September ein. Ein starker Rückgang bei den Renditen für zehnjährige US-Staatsanleihen trat allerdings schon im Vorfeld der Sitzung ein, schreiben die Strategen der Deutschen Bank. Diese erwarten, dass die Fed die Zinsen zum fünften Mal in Folge bei 4,00 bis 4,25 Prozent belässt.

Der Zinsentscheid werde voraussichtlich nicht einstimmig fallen, da erstmals seit 1993 zwei Gouverneure anderer Meinung sein werden, so die Deutsche Bank in einer Kundennotiz vom Mittwoch. Kurz vor der Sperrfrist bekräftigte Gouverneur Christopher Waller seine Argumente für eine Zinssenkung im Juli, während die stellvertretende Vorsitzende der Aufsicht, Michelle Bowman, zuvor die Möglichkeit einer Senkung offen gelassen hatte - dies unter der Voraussetzung, dass «der Aufwärtsdruck auf die Güterpreise begrenzt bleibt».

Droht ein geldpolitischer Fehler?

In Bezug auf die kurzfristige Politik dürfte Powell eine Zinssenkung im September weder von der Liste streichen noch die Wahrscheinlichkeit dafür absichtlich erhöhen, so die Strategen der Deutschen Bank weiter. Obwohl der politische Druck auf Powell, die Zinsen zu senken, hoch bleibt, dürfte die erste Senkung aufgrund der leicht stärkeren Inflationszahlen in den kommenden Monaten im Dezember erfolgen. Danach dürfte im ersten Quartal 2026 eine weitere Senkung um 50 Basispunkte anstehen.

Nach einem anfänglichen Inflationsanstieg durch Zölle erwarten die Ökonomen der ING Bank eine deutliche Abkühlung des Arbeitsmarktes. Dies sollte es der Fed ermöglichen, im Dezember möglicherweise sogar um 50 Basispunkte zu senken. Der Markt rechnet derzeit mit Zinssenkungen um rund 50 Basispunkte bis Ende dieses Jahres. Für die Zukunft erwarten die Experten der ING Bank aufgrund gegensätzlicher Kräfte aus steigenden Inflationszahlen und negativen Konjunkturüberraschungen eine hohe Zinsvolatilität.

Falls die Fed die Zinsen nicht antastet, könnte sich Trumps Kampagne gegen Jerome Powell, den Vorsitzenden der US-Notenbank, intensivieren. Die Unabhängigkeit der Fed bleibe eine Herausforderung. Frühere Spekulationen über die Entlassung Powells deuteten auf einen Anstieg der Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen hin, was ein Warnsignal für die Zukunft sein könnte. Wenn Trump eine gemässigtere Person als Fed-Vorsitzenden einsetzt, könnte dies zu früheren Zinssenkungen und niedrigeren Zinsen führen. Dies würde allerdings das Risiko erhöhen, dass der Fed ein geldpolitischer Fehler unterlaufen könnte, meinen die Ökonomen von ING Bank. Zusammen mit einer sich verschlechternden Haushaltslage wären pessimistische Argumente für US-Staatsanleihen leicht vorzubringen.

Sollte der Leitzins nicht angetastet werden, dürfte dies dem Dollar zum Franken in den nächsten Wochen etwas Auftrieb geben. Gegenüber dem hiesigen Leitzins von 0 Prozent betrüge die Zinsdifferenz weiterhin 4,25 Prozent. 

Thomas Daniel Marti
Thomas MartiMehr erfahren