Der langjährige Firmenchef Alexander Everke verlässt AMS Osram. Das verkündete der Sensorenhersteller in einer Medienmitteilung am Montagabend und kommunizierte mit Aldo Kamper auch gleich einen Nachfolger. Kamper war bis vor einigen Jahren in verschiedenen Funktionen für Osram tätig.
Börsenbeobachter zeigen sich überrascht vom Rücktritt Everkes, wollte AMS Osram ab 2025 doch die nächste Stufe der Wachstumsrakete zünden. Eigentlich war sein Vertrag im Frühling 2021 noch um weitere drei Jahre verlängert worden. Warum er nun also früher als geplant aus dem Unternehmen aussteigt, wird in der Mitteilung nicht erklärt. Ausserdem gilt der ehemalige Siemens-Manager Everke als der Architekt der milliardenschweren Osram-Übernahme.
Die Neuigkeiten setzen der Aktie von AMS Osram zu. Sie knüpft an die Verluste vom Vortag an und wird mit einem Minus von gut 5 Prozent auf 8,45 Franken abgestraft.
Zweiter Abgang im Top-Management innerhalb weniger Monate
Der Broker Kepler Cheuvreux weiss noch nicht so recht, was er vom Wechsel an der Spitze des Sensorenherstellers halten soll. Ob Kamper das Zeug habe, um den Turnaround bei seinem künftigen Arbeitgeber zu beschleunigen, werde sich zeigen müssen. Bei Kepler Cheuvreux verharrt man deshalb an der Seitenlinie und stuft die Aktie aufgrund des kurzfristig schwierigen Geschäftsumfelds wie bis anhin mit "Reduce" und einem Kursziel von 7,50 Franken ein.
Für die Bank Vontobel kommt der Führungswechsel ziemlich abrupt, wie sie einräumt. Noch sei die Produktion von AMS und Osram nämlich nicht vollends miteinander verschmolzen worden.
Über den Nachfolger Everkes verliert die Zürcher Bank hingegen nur positive Worte. Das gilt insbesondere für seine Erfahrung im Bereich Optoelectronics. Nun gelte es, die Glaubwürdigkeit zu stärken und die Transparenz zu erhöhen. Vontobel preist die Aktie denn auch weiterhin mit einem Kursziel von 15 Franken zum Kauf an.
Die Zürcher Kantonalbank stösst sich daran, dass dies bereits der zweite Wechsel auf oberster Führungsebene innerhalb von kurzer Zeit ist. Sie spielt damit auf den Rücktritt des von Osram zum Unternehmen gestossenen Finanzchefs vom vergangenen Oktober an.
In Erwartung eines saisonal schwierigen ersten Quartals bleibt die Zürcher Bank bei "Marktgewichten" mit einem rechnerischen fairen Wert von 6 Franken je Aktie.
Auch bei der französischen Investmentbank Oddo kommt der Rücktritt des Firmenchefs nur wenige Wochen nach dem Abgang des Finanzchefs nicht gut an. Die Fluktuation an der Firmenspitze treffe den Sensorenhersteller in einer Zeit, in welcher die Probleme sich sowieso auftürmen würden. Oddo spielt in diesem Zusammenhang auf den Lagerabbau bei wichtigen Kunden, der geringen Glaubwürdigkeit der mittelfristigen Margenziele, den noch nicht abgeschlossenen Devestitionsprozess sowie auf die hohe Verschuldung an. Für die Franzosen bleibt die Aktie ein Verkauf mit "Underperform" und einem Kursziel von 7 Franken.
Aktie weit oben auf der Liste der Börsengewinner vom Januar
Wie aus Börsenkreisen verlautet, könnte der Rücktritt des Firmenchefs so kurz vor der Veröffentlichung der Viertquartalszahlen Ergebnisängste wecken. AMS Osram will am Morgen des 7. Februar über die Geschäftsentwicklung im Schlussquartal informieren und dann auch mit Vorgaben fürs angelaufene Quartal aufwarten. Beobachter schliessen angesichts der überraschenden Neuigkeiten nicht aus, dass entweder das eine oder das andere enttäuschen könnte.
Nachdem die AMS-Aktie 2022 einen schmerzhaften Kursdämpfer zu verkraften hatte, zählt sie mit einem Kursplus von 35 Prozent seit Anfang Januar zu den Gewinnern des noch jungen Börsenjahres 2023.