Noch am Freitag hatte US-Präsident Donald Trump geklagt, dass er trotz aus seiner Sicht erfolgreicher Vermittlungen an verschiedenen Brandherden ohnehin nie einen Friedensnobelpreis bekommen werde. In der Nacht zu Sonntag liess er dann die Supermacht in Israels Krieg mit Iran eingreifen und iranische Atomanlagen bombardieren.

Damit bricht Trump sein Versprechen an seine Wähler, sein Land nicht in einen neuen militärischen Grosskonflikt zu führen. Dies dürfte erhebliche Folgen haben für die Weltpolitik, Trumps Position in den USA - und nicht zuletzt für die Bundesregierung.

AUSWEITUNG DES KONFLIKTS?

Bisher blieb der Konflikt zwischen Israel und Iran regional relativ begrenzt. Beide Länder überzogen sich mit Raketenangriffen. Iran bekam nicht die erhoffte Unterstützung durch Russland - und die Reaktionen der mit der schiitischen Regionalmacht Iran verbündeten Huthi-, Hisbollah- und Hamas-Milizen hielten sich in Grenzen. Die sunnitischen Golfstaaten reagierten zurückhaltend, weil auch sie eine iranische Atombombe fürchten.

Das Eingreifen der USA könnte dies ändern. Es droht ein Flächenbrand. So gehen Experten davon aus, dass die Führung in Teheran als Vergeltung etwa die Strasse von Hormus sperren könnte, durch die jeden Tag Öltanker aus der Golfregion kommen. Dies könnte Abnehmer in Asien wie nicht zuletzt China auf den Plan rufen, für die der Iran ohnehin ein wichtiger Öllieferant ist.

Die iranische Regierung veröffentlichte zudem eine Karte mit US-Militärstützpunkten im Nahen Osten und droht mit Angriffen. Auch Anschläge auf amerikanische oder israelische Einrichtungen und Bürger weltweit werden befürchtet. «Die Iraner sind militärisch stark geschwächt und in ihren Fähigkeiten eingeschränkt», sagte Aaron David Miller, ehemaliger Nahost-Unterhändler für demokratische und republikanische Regierungen. «Aber sie verfügen über alle möglichen asymmetrischen Mittel, um zu reagieren. (...) Das wird nicht so schnell vorbei sein.»

«Langfristig dürfte die militärische Aktion den Iran zu der Überzeugung bringen, dass Atomwaffen tatsächlich zur Abschreckung notwendig sind und dass Washington nicht an Diplomatie interessiert ist», erklärt die Arms Control Association, eine überparteiliche US-Organisation, die sich für Waffenkontrollgesetze einsetzt.

TRUMPS BRUCH MIT DER EIGENEN BASIS?

Bereits die ersten Reaktionen in den USA zeigen, dass Trumps Vorgehen auch ein grosses innenpolitisches Risiko für ihn birgt. Erstmals könnte ein Teil seiner treuesten Unterstützer der sogenannten Maga-Bewegung («Make America great again») abspringen - Isolationisten, die auf sein Versprechen pochen, keine Kriege zu beginnen.

Die Maga-Aktivistin Marjorie Taylor Greene kritisierte den Angriff, warf Israel vor, den Krieg begonnen zu haben und schrieb auf der Plattform X: «Dies ist nicht unser Kampf.» Der republikanische Abgeordnete Thomas Massie aus Kentucky kritisierte, dass der US-Militärschlag nicht verfassungskonform sei und bezog sich dabei auf das Recht des US-Kongresses, anderen Ländern den Krieg zu erklären.

Immerhin bekam Trump Unterstützung vom republikanischen Mehrheitsführer im Senat, John Thune, sowie dem republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson. Trump habe verhindert, dass der Iran Atomwaffen erhält, argumentieren sie.

Das Problem: Trump selbst hatte Atomgespräche mit dem Iran angestrebt. Er war erst durch den israelischen Angriff unter Zugzwang geraten und hatte plötzlich der Einschätzung seiner CIA-Direktorin widersprochen, dass Iran noch weit von einer Atombombe entfernt sei.

DEUTSCHLAND: MERZ GERÄT UNTER DRUCK

Der Angriff setzt auch die Bundesregierung und die Europäer unter Druck. Kanzler Friedrich Merz hatte gesagt, dass Israel für den Westen die «Drecksarbeit» im Iran übernehme und die Gefahr verringere, dass der Iran über Atomwaffen verfüge. Das Eingreifen der USA gegen einen souveränen Staat ist allerdings eine andere Dimension, zumal Israel bereits behauptet hatte, die meisten iranischen Nuklearanlagen zerstört zu haben.

Zudem hatte sich Aussenminister Johann Wadephul nach den Gesprächen der Topdiplomaten aus Deutschland, Frankreich und Grossbritannien mit ihrem iranischen Kollegen am Freitag noch vorsichtig optimistisch gezeigt, dass man mit dem Iran weiter reden könne. Die Gespräche wurden nach Angaben von EU-Diplomaten ausdrücklich auf Wunsch der US-Regierung geführt.

Die Bundesregierung ist zwischen verschiedenen Zielen zerrissen: Einerseits gibt es die Solidarität mit Israel und den Wunsch, vor dem Nato-Gipfel in der neuen Woche keinen Keil in die Beziehungen mit den USA zu treiben. Man braucht Trump für die Unterstützung der Ukraine und für harte Sanktionen gegen Russland.

Andererseits droht die Regierung mit einem zu bedingungslosen Pro-Israel-Kurs die Unterstützung der Bevölkerung zu verlieren. Laut einer neuen Allensbach-Umfrage halten nur noch 13 Prozent der Befragten das Vorgehen Israels in Gaza für angemessen. Und der US-Angriff auf den Iran stösst auch beim Koalitionspartner SPD auf Kritik.

(Reuters)