Die Schweizerische Nationalbank kauft derzeit wieder häufig Devisen, um eine Aufwertung des Frankens zu verhindern. Mit welcher Entwicklung der Schweizer Währung zu Euro und Dollar rechnen Sie in den kommenden Monaten – wird die SNB weiter intervenieren müssen?

Frank Hansen: Die im weltweiten Kontext vergleichsweise geringe Verschuldung unterstützt die "Safe-Heaven-Rolle" der Schweizer Währung und führt zu einem Aufwärtsdruck. Ein starkes Anziehen der Weltkonjunktur könnte diesen Druck vermindern. Die positive wirtschaftliche Entwicklung wird aber nicht ohne Friktionen ablaufen. Es ist folglich weiterhin davon auszugehen, dass die SNB zumindest glättend im Devisenmarkt eingreifen muss, um den CHF gegenüber dem EUR und USD auf einem akzeptablen Niveau zu halten. Es ist jedoch zu bedenken, dass die neue amerikanische Finanzministerin Yellen, wie jüngst verkündet, Interventionen am Devisenmarkt generell sehr kritisch sieht und insofern der SNB Grenzen gesetzt sind. Wir erwarten für die kommenden 12 Monate keine gravierenden Devisenkursänderungen.

Kleinanleger und Hobby-Trader sorgten für Kurskapriolen bei Gamestop, AM oder Silber. Welche Folgen wird dieses durch die Sozialen Medien entfachte Börsenfieber haben?

Über soziale Medien vernetzte Privatanleger sowie Online-Broker mit sehr tiefen Kommissionen bilden die Voraussetzungen für das Kräftemessen von Kleinanlegern mit Shortsellern. Hedgefonds werden zukünftig ihre Anlagepolitik überprüfen müssen. Extreme Short-Positionierungen in einzelnen Aktien werden wohl in Zukunft weniger eingegangen werden. Auch könnten sich die Aufsichtsbehörden genötigt sehen, neue Grenzen zu definieren, gilt es doch, gefährliche Kaskaden-Effekte im Markt zu verhindern. Die meisten beteiligten Kleinanleger werden finanziell Lehrgeld zahlen. Es wird sich zeigen, ob dieses neue Phänomen an den Märkten Bestand haben wird. Ein "Hochjazzen" von wenig liquiden Aktien mit zweifelhafter Qualität ist jedenfalls keine nachhaltige Strategie.

Durch die Spekulationen der Kleinanleger ist Silber in den Fokus der Börsenberichterstattung gerückt. Was halten Sie grundsätzlich von Investitionen in Edelmetalle und andere Rohstoffe?

Gold sollte als Versicherung gegen einen "GAU" an den Finanzmärkten angesehen werden. Der Umfang der Position in der Vermögensallokation sollte aber über eine Beimischung nicht hinausgehen. Die Goldnachfrage wird langfristig, wesentlich durch das Verhalten von Zentralbanken und den Käufen am Finanzmarkt, meist über ETFs, bestimmt. Andere Rohstoffe, sind neben spekulativen Einflüssen, im Preis meist durch eine zyklische Nachfrage bestimmt. Ebenfalls sind strukturelle Trends zu beachten. Der Umbau der Wirtschaft zu Nachhaltigkeit macht sich auch hier bemerkbar. Kupfer und seltene Erden u. a. Metalle profitieren z. B. von der rasant wachsenden E-Mobility und Digitalisierung.

Welchen Schweizer Aktien trauen Sie 2021 eine besonders starke Aufwertung zu?

SoftwareOne ist ein globaler Marktführer für Softwarebeschaffung, Software-Lifecycle Management sowie Software und Cloud-basierte Services. Die Firma ist in über 90 Ländern tätig und beschäftigt über 5000 Mitarbeiter. Die Erholung des Softwarewachstums sowie eine weitere Margenexpansion durch Umsatzmix und Synergien, spricht zukünftig für ein zweistelliges EPS-Wachstum. Sika ist ein weltweit tätiges Spezialchemie Unternehmen. Die Firma ist in den letzten Jahren organisch und durch erfolgreiche Akquisitionen überdurchschnittlich gewachsen. Die Umsetzung nationaler Infrastrukturprogramme, des Europäischen Green Deals, sowie die Erholung des Automobilmarktes unterstützen das zukünftige Wachstum.

Wo sehen Sie weiteres Potential?

Siegfried ist eines der führenden Unternehmen im überdurchschnittlich wachsenden Bereich der   Herstellung von Pharmasubstanzen. Die Firma hat sich in den letzten Jahren mit Hilfe von Akquisitionen gut aufgestellt und profitiert von den Outsourcing Trends in der Pharmaindustrie sowie der zukünftig verstärkten lokalen Produktion von Medikamenten in Europa. Swissquote, der führende Onlinebroker der Schweiz, bietet eine der umfassendsten Cross-Asset-Handelsplattformen der Branche, die eine breite Palette von Privatanlegern und Finanzprofis bedient. Swissquote vereint viele Stärken wie eine starke Marke, wegweisende Position bei Krypto und verfügt über ein umfassendes B2C- und B2B-Angebot.

Und schliesslich?

Adecco hat die Marktführerschaft in mehreren wichtigen Personalmärkten. Der zyklischen Firma, mit einer starken Bilanz, bieten sich gute Chancen, wenn das Momentum in den Beschäftigungszahlen demnächst wieder Fahrt aufnimmt.

Kommen wir zum allgemeinen Börsengeschehen: Wie stark beschäftigt die Corona-Krise die Finanzmärkte?

Der Markt beobachtet genau die Situation. Augenmerk hierbei gilt den Neuansteckungen und die Belastung des Gesundheitssektor sowie den politischen Massnahmen. Aktuell verhindern das verstärkte Aufkommen von neuen Virus-Varianten und die in den meisten Staaten knappen Impfstoffmengen weitgehende Lockerungen. Eine Durchimpfung der Gesellschaft bleibt daher die Notwendigkeit auf dem Weg zur Normalisierung der Situation. Die Märkte, die die Zukunft antizipieren blicken optimistisch nach vorne. Spätestens ab dem 3. Quartal 2021, wenn ausreichend Impfstoffe verfügbar sind, sollte das Thema sekundär werden.

Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?

Die Schweizer Börse wird von soliden Attributen, wie geringe Schwankungsbreite der Kurse sowie herausragender Bilanzqualität der Unternehmen geprägt. Auch die Zusammensetzung der Indices, mit den herausragenden Marktschwergewichten aus dem Pharmasektor sowie der Nestlé-Aktie, beschreiben den defensiven Charakter des Marktes. Im internationalen Kontext ist damit zu rechnen, dass in dem von uns erwarteten Kursaufschwung, der Schweizer Aktienmarkt relativ gesehen zurückbleiben wird. Qualitativ starke Industrietitel und ausgewählte Titel aus dem Small und Mid Cap Bereich, sollten outperformen.

Wo steht der SMI in zwölf Monaten?

Der SMI wird im laufenden Jahr neue Höchststände sehen und sollte in 12 Monaten an der Marke von 12'000 Punkten kratzen. Die positive Gewinnentwicklung und das dauerhaft tiefe Zinsumfeld stützen die Punktprognose.

Frank Hansen ist seit 2018 für den unabhängigen Vermögensverwalter und Wertpapierhändler Reuss Private tätig. Als CIO Portfolio Management verantwortet er die Anlagestrategien des Portfoliomanagements. Der erfahrene Experte für europäische Small & Mid Caps blickt auf eine 30-jährige Karriere als Fondsmanager zurück.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei der Handelszeitung unter dem Titel «Gold sollte als Versicherung gegen Börsen-GAU angesehen werden».