Die Wahrscheinlichkeit sollte nicht unterschätzt werden, dass die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) wegen einer hartnäckigen Inflation die Zinsen auf einem hohen Niveau halten werden, teilte die BIZ zu Wochenbeginn in Basel mit. «Es gibt eindeutig noch einige verbleibende Unterschiede zwischen dem, was die Finanzmärkte sehen, und der Kommunikation der Notenbanken», sagte BIZ-Chefökonom Claudio Borio anlässlich der Veröffentlichung des jüngsten Quartalsberichts der BIZ. Die in Basel angesiedelte BIZ gilt als Zentralbank der Zentralbanken und ist eine wichtige Denkfabrik für die internationale Geldpolitik.
Im Zuge aufeinanderfolgender Krisen und schwacher Wirtschaftsdaten waren in einigen Teilen der Welt die Zinsen mehrere Jahre lang sogar auf unter Null Prozent gefallen. Vielfach war damals vorhersehbar, dass die Notenbanken die Sätze auf einem niedrigen Niveau halten werden. Doch das hat sich inzwischen geändert. Selbst nach einer Serie von teilweise sehr schnellen Zinserhöhungen in den vergangenen 18 Monaten im Kampf gegen die Inflation kann die Richtung des Zinspfades Borio zufolge nicht als ausgemacht betrachtet werden.
«Das Risiko, dass sich die Inflation als hartnäckiger erweist als erwartet, sollten wir nicht ausschliessen», führte Borio aus. Geschäftsmodelle und Handelsstrategien, die auf der Annahme einer raschen Senkung der Zinssätze beruhen, seien unter den derzeitigen Bedingungen besonders anfällig. Die BIZ wies darauf hin, dass es zwar auf einigen Immobilienmärkten Anzeichen einer Stabilisierung gebe. Kreditverluste dort und in anderen Sektoren sorgten aber weiterhin für Probleme, da sich die Konjunktur in manchen Volkswirtschaften inzwischen eintrübe. «Die Frage ist, wie widerstandsfähig das Finanzsystem insgesamt sein wird, um diese Verluste aufzufangen», sagte Borio. Und vor allem gehe es darum, wie gross und anhaltend diese Verluste sein werden.
In ihrem Bericht wies die BIZ erneut auf den hohen Schuldeneinsatz in Teilen der Finanzwirtschaft als Risikofaktor hin. Vielfach sei dort darauf gesetzt worden, dass die US-Zinsen niedriger ausfallen würden als sie es letztendlich sind. Solche finanziellen Verwundbarkeiten müssten beobachtet werden. Im Blick hat die BIZ dabei die Gefahr sogenannter «margin calls» - Situationen, in denen Finanzfirmen plötzlich Geldmittel bereitstellen müssen, wenn sich die Kurse an den Börsen anders als angenommen entwickeln. Derartige Situationen könnten laut BIZ die Kernmärkte für Anleihen aus der Spur werfen.
(Reuters)