Im kommenden Jahr müssten sie dadurch zusätzlich rund acht Milliarden Euro für Zinszahlungen für die Refinanzierung fällig werdender Anleihen aufbringen, geht aus der Untersuchung der Ratingagentur Scope hervor. Diese lag der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag vor. Werden auch noch ausstehende Bankschulden hinzugefügt, dürften die zusätzlichen Zinszahlungen der europäischen Unternehmen im kommenden Jahr auf geschätzt mehr als 40 Milliarden Euro wachsen.

Damit könnte das Ende der Fahnenstange aber noch nicht erreicht sein. «Die zusätzlichen Zinskosten aufgrund dauerhaft höherer Kreditzinsen werden in den Jahren 2025 und 2026 weiter steigen, da noch mehr Unternehmensschulden zur Refinanzierung anstehen», heisst es in der Studie. Es sei unwahrscheinlich, dass die Inflation so weit sinken werde, «um vor 2025 von einer lockeren Geldpolitik und niedrigeren Zinsen profitieren zu können».

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Leitzins seit dem Sommer 2022 in Rekordtempo von null auf aktuell 4,50 Prozent erhöht, um die Inflationsrate wieder in Richtung ihres Zielwertes von zwei Prozent zu drücken. Aktuell liegt sie mit 4,3 Prozent mehr als doppelt so hoch. Ökonomen gehen deshalb davon aus, dass die EZB frühestens Ende 2024 Zinssenkungen ins Visier nehmen dürfte.

Die gestiegenen Zinsen gefährden das Überleben vieler Betriebe. «Wir gehen davon aus, dass die Ausfallraten und Umschuldungen von Unternehmen in ganz Europa weiter steigen werden», so die Scope-Prognose. Gründe dafür seien nicht zuletzt ein erhöhtes Refinanzierungs- und Zinsrisiko bei einem zugleich verlangsamten Wirtschaftswachstum. Gefährdet seien beispielsweise Unternehmen, die höhere Kosten nicht ohne weiteres an ihre Kunden weiterreichen könnten. Hinzu kämen Branchen, die sich in einem tiefgreifenden Strukturwandel befinden, wie etwa der Einzelhandel. Auch für sogenannte Zombie-Unternehmen - die bislang nur durch die ultralockere Geldpolitik, staatliche Unterstützung und gute Konjunktur überleben konnten - könnte es nun knapp werden.

«Unsere Unternehmensratings deuten darauf hin, dass sich der Druck auf die Bilanzen in einigen Teilen der europäischen Wirtschaft verstärkt», so die Bonitätswächter. Der Anteil negativer Ratings habe sich in den ersten neun Monaten des Jahres auf 25 Prozent fast verdoppelt verglichen mit dem Schnitt von 2021 und 2022.

(Reuters)