Im Zentrum der Krise stand bekanntlich der chinesische Nickel- und Stahlproduzent Xiang Guangda und dessen Tsingshan Holding. Der in chinesischen Rohstoffkreisen als "Big Shot" bekannte Tycoon hatte eine riesige Short-Position in LME-Nickel aufgebaut: Seine Wette: das steigende Angebot seiner eigenen Firma werde die Preise drücken. Als der Nickelpreis nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine statt dessen rapide anstieg, hatte Tsingshan Probleme, Nachschusszahlungen zu leisten, und es kam es zu einem so genannten Short-Squeeze, also dem hektischen Kaufen zur Verlustbegrenzung.
Nicht ungewöhnlich oder spekulativ
Dabei ist es grundsätzlich nicht ungewöhnlich oder spekulativ, dass Produzenten Derivatkontrakte nutzen, um den Preis ihrer zukünftigen Produktion festzuschreiben. Xiangs Position war allerdings ungewöhnlich gross und entsprach in der Spitze etwa einem Achtel aller ausstehenden LME-Nickelkontrakte.
Wie nun bekannt wurde, war die entgegengesetzte Wette - auf steigende Nickelpreise - eben VW eingegangen. Und das nicht zu knapp: Nach Angaben einer mit der Angelegenheit vertrauten Person verfügen die Wolfsburger eine der grössten Long-Positionen auf dem Markt mit einem Gegenwert von über 100'000 Tonnen.
Aufruhr am Nickelmarkt?
Auch hier ist die grundsätzliche Logik rational: Abnehmer wollen sich gegen steigende Preise schützen, und Nickel ist als Rohstoff für Autobatterien immer stärker gefragt. Die VW-Position erstreckt sich den Informationen zufolge über neun Jahre. Ob der Aufruhr am Nickelmarkt finanzielle Auswirkungen - ob positiv oder negativ - für den Autobauer hat, war zunächst nicht in Erfahrung zu bringen.
Andere grosse Long-Positionen halten der Rohstoffhändler Glencore Plc, der zeitweise mehr als die Hälfte der Bestände in LME-Lagerhäusern kontrollierte. Und dann sind da noch Hedgefonds, für die Nickel eine Wette auf die Elektro-Auto-Revolution darstellt. Kurz vor dem Beginn des Ukrainekriegs standen die Nickelpositionen von Fonds auf einem Höchststand von etwa 250'000 Tonnen.
(Bloomberg)