Intel, einst weltgrösster Chip-Hersteller, steckt schwer in der Krise. Nach einer Serie von Fehlentscheidungen und verpassten Chancen schreibt das US-Unternehmen tiefrote Zahlen und ist zu einem Übernahmekandidaten geworden. Das hatte Folgen für den Aktienkurs. Die Valoren sind seit längerem im Sinkflug, allein in den letzten vier Jahren hat sich ihr Wert praktisch gedrittelt.
Nachfolgend einige wichtige Stationen der Firmengeschichte:
- 1968 - Robert Noyce und Gordon Moore gründen Intel. Der Firmensitz wird zur Keimzelle für die Transformation des kalifornischen Santa Clara Valley zum weltbekannten «Silicon Valley». Bereits drei Jahre zuvor hatte Moore das nach ihm benannte Gesetz formuliert, demzufolge sich die Zahl der Transistoren in integrierten Schaltkreisen alle ein bis zwei Jahre verdoppelt.
- 1971 - Intel stellt mit dem «4004» den ersten kommerziellen frei programmierbaren Mikroprozessor mit 2300 Transistoren vor. Zuvor konnten Halbleiter nur für eng umrissene Aufgaben genutzt werden, weil die Programmbefehle fest verdrahtet waren.
- 1981 - Der «8088» mit 29.000 Transistoren befeuert als Hauptprozessor (CPU) den Personal Computer von IBM und läutet damit den Siegeszug dieser Rechnergattung ein.
- 1982 - AMD beginnt mit der Produktion des von Intel entwickelten Mikrochips «8086», der leistungstärkeren Variante des «8088». Auf Intels «x86»-Architektur basieren aktuell die meisten PC-Prozessoren und zahlreiche Hochleistungschips für Rechenzentren.
- 1987 - Der für sein Motto «Nur die Paranoiden überleben» bekannte Andy Grove übernimmt die Führung. Er steuert den Konzern durch die Krise der Computerindustrie und festigt die Position des Konzerns als Fels in der Brandung, während die Rivalen AMD und National Semiconductor zu kämpfen haben.
- 1991 - Die TV-Spots der Marketing-Kampagne «Intel Inside» werden zu einem kulturellen Phänomen.
- 1993 - Intel stellt die ersten «Pentium»-Prozessoren vor. Mit 3,1 Millionen Transistoren sind sie 300 Mal schneller als ein «8088».
- 1999 - Intel und der «Windows»-Entwickler Microsoft, die wegen ihrer engen Zusammenarbeit oft als «Wintel» bezeichnet werden, ziehen als erste Technologieunternehmen in den US-Standardwerteindex Dow Jones ein.
- 1999 - Nvidia stellt seinen ersten Grafik-Prozessor (GPU) vor. Er wird vor allem für Videospiele und Multimedia-Anwendungen genutzt. Intel konzentriert sich dagegen auf die Entwicklung von CPUs und gerät damit bei einer Produktkategorie ins Hintertreffen, die mehr als ein Jahrzehnt später zunächst durch die Kryptowährungsbranche und dann durch den Aufstieg der Künstlichen Intelligenz (KI) einen Boom erleben wird.
- 2000 - Explodierende Computerverkäufe während der Internetblase hieven Intels Börsenwert auf ein Rekordhoch von 495 Milliarden Dollar. Bis zum Frühjahr 2025 schrumpft er auf etwa 84 Milliarden Dollar zusammen.
- 2007 - Mit der Vorstellung des ersten iPhone durch Apple beginnt der Siegeszug der Smartphones, den Intel ebenfalls verpasst. Intel-Chef Paul Otellini hatte ein Angebot zur Produktion der iPhone-Chips ausgeschlagen, weil der Deal aus seiner Sicht nicht ertragreich genug war.
- 2014-2016 - Intel verzichtet auf den Einsatz der EUV-Lithografie zur Chip-Herstellung. Firmenchef Brian Krzanich ist der Ansicht, dass die Fertigung mit Hilfe von extrem ultraviolettem Licht (EUV) «niemals funktionieren wird». Dadurch fällt Intel bei Entwicklung und Produktion hochmoderner Prozessoren etwa fünf Jahre hinter die Konkurrenz zurück.
- 2017 - Gemessen am Umsatz überholt Samsung Intel als weltgrössten Halbleiter-Hersteller. Gleichzeitig verliert Intel seine Spitzenposition in der Auftragsfertigung an TSMC aus Taiwan.
- 2018 - Intel-Chef Bob Swan schlägt ein Angebot zum Einstieg beim ChatGPT-Entwickler OpenAI aus, weil er nicht an eine baldige Marktreife dieser Technologie glaubt. Aktuell wird OpenAI mit etwa 300 Milliarden Dollar bewertet.
- 2020 - Durch explodierende PC-Verkäufe während der Coronavirus-Pandemie erreicht Intels Jahresumsatz ein Rekordhoch von 77,87 Milliarden Dollar. Seither gehen die Erlöse unter anderem wegen der wachsenden Konkurrenz durch AMD und Nvidia zurück. Letzterer steigt in den Folgejahren zum wertvollsten Börsenwert der Welt auf.
- 2021 - Intel holt seinen früheren Technologiechef Pat Gelsinger als Vorstandsvorsitzenden zurück, um den schlingernden Konzern wieder auf Kurs zu bringen. Der mit viel Vorschuss-Lorbeeren gestartete Manager pumpt Milliarden in den Auf- und Ausbau der Auftragsfertigung.
- 2021-2024 - Gestützt auf milliardenschwere Staatshilfen will Intel weltweit zahlreiche neue Werke aufbauen und hierfür einen dreistelligen Milliarden-Dollar-Betrag ausgeben. Eines der Projekte ist die «Megafab» in Magdeburg.
- 2022 - Beim Börsenwert fällt Intel hinter den Erzrivalen AMD zurück, der seinen Marktanteil bei Prozessoren für PC und Server kontinuierlich ausbaut. Ausserdem fordert er mit einer Palette von KI-Hochleistungsprozessoren den Weltmarktführer Nvidia heraus.
- 2024 - Wegen einer desaströsen Geschäftsentwicklung zieht Gelsinger die Reissleine und verordnet Intel einen rigiden Sparkurs. Im November muss Intel nach einem Vierteljahrhundert seinen Platz im Dow Jones räumen. Stattdessen zieht Nvidia in den US-Standardwerteindex ein. Wenige Wochen später verabschiedet sich Konzernchef Gelsinger abrupt in den Ruhestand.
Im Frühjahr 2025 übernimmt Lip-Bu Tan das Ruder und verschärft den Sparkurs. Anhaltende Verluste lösen die zweite Entlassungswelle binnen eines Jahres aus. Ausserdem werden die zuvor ausgesetzten Pläne für das Werk in Magdeburg endgültig ad acta gelegt.
(Reuters)