Die vergangenen Monate waren geprägt von Unsicherheiten, konjunkturellen Schwierigkeiten und Hochs und Tiefs. Unternehmens- und branchenspezifische Faktoren ergänzten die Palette an Herausforderungen.
So hatte der Schokoladenproduzent Barry Callebaut mit hohen Kakaopreisen zu kämpfen, während Ems Chemie einem strauchelnden Automobilmarkt gegenüber steht. Beide kämpfen also mit ihren eigenen Dämonen, aber auch mit Umständen, welche die ganze Finanzwelt in Atmen halten.
Während die Auswirkungen in den letzten Monaten fast ausschliesslich nur am Aktienkursverlauf ersichtlich war, zeigen sich nun die direkte Auswirkung in Zahlen. Die Geschäftszahlen der beiden Konzerne machen den Anfang der bevorstehenden Berichtsaison.
Trotzt Barry Callebaut den hohen Kakaopreisen?
Barry Callebaut macht am Donnerstag den Anfang und präsentiert seine Umsatzergebnisse der ersten neun Monate 2024/25. Im ersten Halbjahr (September 2024 bis Februar 2025) verkaufte der Zürcher Konzern weniger Schokolade, und konnte die Preiserhöhungen beim Kakao nicht vollumfänglich an die Kunden weitergeben. Hohe Finanzierungskosten belasteten die Rechnung zusätzlich.
Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) erwartet im dritten Quartal erneut einen spürbaren Rückgang beim Absatzvolumen – konkret um 5,3 Prozent von März bis Mai. Auf neun Monate entspricht das einem Minus von 4,9 Prozent. Dies sei primär auf schwache Endmärkte zurückzuführen. Vor allem in Westeuropa und Nordamerika lasten die hohen Endpreise für Schokolade infolge des kräftigen Preisanstiegs bei Kakao auf der Konsumnachfrage.
Barclays schätzt die Situation ähnlich ein: «Für das 3. Quartal rechnen wir mit einer moderaten Verbesserung der Volumenleistung.» Im 2. Quartal waren diese um 6,8 Prozent zurückgegangen, im 1. Quartal waren es 2,7 Prozent. Die britische Bank rechnet für das vergangene Quartal konkret mit einem Volumenwachstum von -5,8 Prozent, was leicht über dem Konsens von -6,4 Prozent liegt.
Entscheidend für das Geschäft sei weiterhin der Kakaobohnenpreis, schreiben die ZKB-Experten. Dieser sei im bisherigen Jahresverlauf zwar etwas gesunken, doch schwache Ernteerwartungen in Westafrika liessen ihn im Mai erneut rund 30 Prozent ansteigen. Damit liegt der durchschnittliche Kakaopreis nach neun Monaten rund 50 Prozent über dem Vorjahr.
Dieser massive Preiseffekt schlägt entsprechend stark durch auf den Free Cash Flow (FCF). Allein im ersten Halbjahr betrug der FCF Minus 2,1 Milliarden. Für das zweite Halbjahr erwartet die ZKB dennoch einen positiven Wert von 227 Millionen, was in etwa der Guidance von Barry Callebaut entspreche.
Barclyas bewertet die damit zusammenhängende Preisgestaltung von Barry für sehr transparent. Dennoch seien sie besorgt, dass die Preisgestaltung zur Weitergabe höherer Finanzierungskosten komplexer sei und letztlich mehr Widerstand von Kunden hervorrufen könnte. «Kunden könnten argumentieren, dass die Absicherungs- und Finanzierungsstrategien von Barry ineffizient sind», so die Experten. Laut dem Finanzchef von Barry Callebaut verfügen die meisten Konkurrenten über eine ähnliche Absicherungsstruktur.
Barclyas bleibt vorsichtig und stuft Barry Callebaut weiterhin mit «Equal Weight», auch die ZKB vergibt «Marktgewichten». Die Belastungen durch Rohstoffpreise, Konsumzurückhaltung und schwache Volumina seien nicht kurzfristig zu lösen. Dieser Empfehlung schliessen sich fünf weitere Experten an, während neun die Titel nach wie vor zum Kauf empfehlen. Eine Verkaufsempfehlung liegt vor.
Ems-Chemie gefangen im europäischen Konjunkturabschwung
Am Freitag folgt Ems Chemie mit dem Halbjahresergebnis 2025. Laut ZKB dürfte die weltweite Autoproduktion im zweiten Quartal gegenüber dem ersten auf tiefem Niveau stabil geblieben sein und der Absatz könnte in den USA von Vorzugseffekten profitiert haben. Die Folgen von Zöllen, Wirtschaftsentwicklung und eines möglichen Mangels an Magneten aus seltenen Erden seien schwer abzuschätzen, so die Experten.
In den Monaten Januar bis März sanken die Verkäufe bei Ems-Chemie um 4,3 Prozent, der Währungseffekt lag bei plus 0,4 Prozent. Die weltweite Konjunktur habe sich zu Jahresbeginn wie erwartet zunehmend abgekühlt, der Umsatz sei daher erwartungsgemäss - aufgrund des marktbedingt tieferen Preis- und Kostenniveaus - leicht geringer ausgefallen, kommentierte Ems seine Erstquartalszahlen.
Der Konzern leidet weiterhin unter der konjunkturellen Schwäche in Europa und einer nur langsamen Erholung des zentralen Absatzmarktes - der Automobilindustrie, warnt Vontobel vor den Halbjahreszahlen. So rechnet die Bank mit einem Umsatzrückgang von rund 5,7 Prozent für das zweite Halbjahr, bedingt durch tiefere Verkaufspreise und negative Währungseffekte.
Immerhin zeigt sich bei den Volumen ein leichter Zuwachs von 2 Prozent, was ein positives Signal in einem sonst schwierigen Marktumfeld darstellt. Die ZKB sieht den Umsatz im Vorjahresvergleich um 5 Prozent auf 1,032 Milliarden Franken sinken, woraus den Schätzungen zufolge ein um 6,2 Prozent tieferer Reingewinn von 236 Millionen Franken resultieren könnte.
Trotz rückläufiger Umsätze bleibt die Profitabilität für die Analysten von Vontobel auf Kurs: Sie prognostizieren eine leicht höhere EBIT-Marge von 27 Prozent (Vorjahr: 26,8 Prozent). Das Unternehmen profitiert dabei von seiner starken operativen Hebelwirkung und der Fokussierung auf margenstarke Spezialprodukte. Auch die ZKB schreibt, «dass sich Ems-Chemie bei der Marge gegen die Herausforderungen stemmt.» Demnach dürfte die Marge auf Stufe Gewinn vor Zinsen, Steuerung und Abschreibungen (Ebitda) um 40 Basispunkte auf 29,8 Prozent gestiegen sein, während sich die Ebit-Marge voraussichtlich um 36 Basispunkte auf 27,1 Prozent verbessert würde.
Die ZKB sieht den fairen Wert der Ems-Valoren bei 645 Franken, die UBS bei 670 Franken, und Vontobel veranschlagt das Preisziel bei 690 Franken. Die Empfehlung lautet «Hold», beziehungsweise «Marktgewichten». Das Unternehmen werde sich «dank neuen, innovativen Anwendungen und Marktanteilsgewinnen weiterhin leicht positiv entwickeln», stellt die ZKB in Aussicht.