Richter Juan Merchan ermahnte eine erste Gruppe von 100 Kandidaten, alle persönlichen Meinungen zu dem Verfahren im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar wie auch ihre «politische Orientierung» beiseitezulegen. Mindestens 50 wurden umgehend ausgeschlossen. «Ich konnte es einfach nicht», sagte einer von ihnen vor dem Gerichtsgebäude. Merchan zufolge gibt es etwa 500 potenzielle Geschworene, aus denen zwölf Jury-Mitglieder und sechs Ersatzleute ausgewählt werden sollen. Trump muss dem Gerichtsverfahren beiwohnen. Er sprach vor dem Betreten des Gerichtssaals von «politischer Verfolgung».

Die Auswahl der Geschworenen dürfte etwa eine Woche in Anspruch nehmen. Sie stammen aus Manhattan, einem überwiegend von Demokraten bewohnten Stadtteil. Merchan veröffentlichte zuletzt einen Fragenkatalog, den Kandidaten vor der Befragung durch die Anwälte beantworten mussten. Darin wurde unter anderem Auskunft darüber verlangt, welche Medien sie nutzen, ob sie jemals an einer Trump-Veranstaltung teilgenommen haben und ob sie Bewegungen wie QAnon, Proud Boys oder die Antifa unterstützen. Trumps Anwälte hatten mehrere Anträge eingereicht, die den Prozess verzögert hätten. Sie wurden alle abgelehnt.

Für den 77-Jährigen drohen Folgen für die Präsidentenwahl Anfang November: Einer Reuters/Ipsos-Umfrage zufolge will ein Viertel der Republikaner nicht für Trump stimmen, sollte er von Geschworenen verurteilt werden. Die bisherigen juristischen Verwicklungen des Geschäftsmanns haben seiner Beliebtheit allerdings keinen Abbruch getan. Zwar ergab eine weitere Reuters/Ipsos-Umfrage jüngst einen Vorsprung des demokratischen Präsidentschaftsbewerbers und Amtsinhabers Joe Biden. Allerdings wird nicht zuletzt wegen des vergleichsweise komplizierten Wahlverfahrens mit einem knappen Ausgang gerechnet.

Trump weist alle Vorwürfe zurück

Die Anklage gegen Trump war von den Geschworenen einer Grand Jury erhoben worden. Sie warf ihm vor, im Vorfeld der Wahl 2016 Geschäftsunterlagen im Zusammenhang mit einer Zahlung an den Pornostar Stormy Daniels gefälscht zu haben. Einer seiner Anwälte zahlte ihr demnach 130.000 Dollar für ihr Schweigen über eine sexuelle Begegnung mit Trump. Diese soll nach ihrer Darstellung 2006 stattgefunden haben. Trump hat bestritten, eine sexuelle Begegnung mit der Frau gehabt zu haben. Er räumte jedoch ein, dem Anwalt an Stormy Daniels geleistete Zahlungen erstattet zu haben. Die Vorwürfe selbst - 34 einzelne Anklagepunkte - weist Trump zurück. Vorgebracht werden sie von dem New Yorker Staatsanwalt Alvin Bragg, einem Demokraten.

Sollte Trump der Unterlagenfälschung schuldig gesprochen werden, drohen ihm nach den Gesetzen des Bundesstaates New York bis zu vier Jahre Haft. Allerdings werden in vielen Fällen Geldstrafen verhängt oder die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Trump ist der erste ehemalige US-Präsident, der sich in einem Strafprozess verantworten muss. Insgesamt laufen vier Strafverfahren gegen ihn. Er hat in allen auf nicht schuldig plädiert. Rechtsexperten zufolge sind die anderen drei eigentlich schwerwiegender: Trump wird eine Verwicklung in Wahlbetrug und ein widerrechtlicher Umgang mit vertraulichen Dokumenten vorgeworfen. Jedoch sind diese Prozesse verschoben worden und finden möglicherweise nicht mehr vor der Wahl statt.

(Reuters)