Die Abflüsse könnten im schlimmsten Fall auf rund ein Drittel oder 162 Milliarden Franken ansteigen, wenn die kulturellen Unterschiede zwischen den beiden Unternehmen zu einer erhöhten Fluktuation führen oder die Konkurrenten erfolgreich Banker und deren Kunden abwerben, schreiben Analysten um Nicholas Herman in einer am Dienstag veröffentlichten Studie.

Die durch die Übernahme von UBS entstandene Unsicherheit habe “eine potenzielle Gelegenheit für Konkurrenten geschaffen, Berater und Vermögenswerte abzuwerben”, so die Analysten. Sie schätzen, dass dies zu jährlichen Ertragseinbussen von 5,4 Milliarden Dollar (4,9 Milliarden Franken) für das fusionierte Unternehmen führen wird.

Der potenzielle Verlust von Kunden und deren Geldern wird zu einer der grössten Herausforderungen für die UBS, nachdem sie im vergangenen Monat zugestimmt hatte, ihren lokalen Konkurrenten im Rahmen einer von der Regierung organisierten Rettungsaktion zu übernehmen. UBS-Chef Colm Kelleher sagte, dass es wahrscheinlich Monate dauern werde, das Geschäft über die Bühne zu bringen, und bis zu vier Jahre, um die Integration abzuschliessen. Wie Bloomberg New berichtete, arbeitet die Bank bereits an Haltepaketen, um Spitzenkräfte an sich zu binden.

Die Julius Bär wird nach Einschätzung der Citi-Analysten am meisten von den Geldern aus dem Private Banking profitieren, die aus der kombinierten Einheit UBS-Credit Suisse fliessen werden. Der Zürcher Kreditgeber werde mindestens 10 Milliarden Franken holen, so die Analysten. Bär sei nun “wieder im Einstellungsmodus” und werde in diesem Jahr voraussichtlich 200 neue Mitarbeiter an Bord holen, erklären das Citi-Team.

Citi zufolge ist es unwahrscheinlich, dass die UBS ihre Aktienrückkäufe vor 2026 wieder aufnimmt, nachdem sie bei der Übernahme der Credit Suisse eine Aussetzung angekündigt hatte. Am Dienstag hatte die Bank mitgeteilt, dass sie die Genehmigung erhalten habe, einen Teil der im letzten Jahr zurückgekauften Aktien zur Finanzierung der Übernahme der Credit Suisse zu verwenden.

Die Credit Suisse verwaltete Ende letzten Jahres 541 Milliarden Franken an Vermögenswerten im Wealth-Geschäft. Das Unternehmen wird am Montag die Ergebnisse für das erste Quartal vorlegen.

Deutsche Bank will der Credit Suisse Kunden abjagen

Die Deutsche Bank zielt auf Unternehmer mit einem investierbaren Vermögen von mindestens 50 Millionen Euro ab, sagte Young Jin Yee, die den Bereich Internationale Privatkundenbank im asiatisch-pazifischen Raum leitet, in ihrem ersten Interview seit ihrem Wechsel von der Credit Suisse im Januar.

"Unser Ziel ist es, unsere Erträge bis 2027 zu verdoppeln, und das bei einer Erhöhung der Zahl unserer Kundenbetreuer um nur 30%", sagte Young, die rund 20 Jahre bei der Credit Suisse tätig gewesen war. Jeder "muss mehr für seine Kunden tun."

Nach ihren ersten 100 Tagen im Amt hat Young am Dienstag in Hongkong in einer internen Veranstaltung ihre Strategie präsentiert. Hunderte Mitarbeiter aus dem Grossraum China, Singapur, Indien und Dubai waren zugeschaltet. Die Deutsche Bank hat in dem schnell wachsenden asiatischen Wealth-Markt zuletzt aggressiv rekrutiert. Noch im Jahr 2021 war das Frankfurter Institut sowohl beim verwalteten Vermögen als auch bei den Kundenbetreuern nur rund ein Drittel so gross wie die Credit Suisse.

Young berichtet an Claudio de Sanctis, den globalen Leiter der Internationalen Privatkundenbank, zu der das Wealth Management gehört. Sanctis war 2018 nach fünf Jahren bei der Credit Suisse und einer längeren Tätigkeit bei der UBS zur Deutschen Bank gestossen. Die Zusammenführung des Duos unterstreicht die Ambitionen der deutschen Grossbank in der Region. Die 48-jährige Young war die Nummer 2 im asiatischen Wealth Management der Schweizer.

"Wir wollen sicherstellen, dass wir in den nächsten fünf Jahren und darüber hinaus als die beste Privatbank für APAC angesehen werden, so wie wir es definieren", sagte Young, die aus Singapur stammt und dort auch ansässig ist. "Die Grösse spielt keine Rolle. Wir wollen die Bank sein, bei der die Kunden ihre Bankgeschäfte machen wollen, insbesondere für Unternehmer und ihre Familien."

Youngs Strategie entspricht auch der ihres ehemaligen Arbeitgebers. Unter dem früheren CEO Tidjane Thiam warb die Credit Suisse um reiche Unternehmer, um einerseits deren persönliches Vermögen zu verwalten, andererseits ihre Unternehmen bei Börsengängen oder Übernahmen zu unterstützen. Die Deutsche Bank verfügt darüber hinaus auch über ein Firmenkundengeschäft in Asien.

Die Frankfurter werden sich dort mit der UBS auseinandersetzen müssen, die durch die staatlich eingefädelte Notübernahme der Credit Suisse noch grösser wird. Unter den ausländischen Banken ist die UBS auf den meisten Märkten der Region die grösste. Andere namhafte Konkurrenten sind Citigroup und HSBC.

Zahlreiche Kunden der Credit Suisse, ihre Gelder und ihre Betreuer sind derzeit zu haben. Vor der Rettung durch die UBS hatte die Bank einen stetigen Exodus von Spitzenbankern, Einlagen und verwaltetem Vermögen erlebt, davon über 110 Milliarden Franken im vierten Quartal.

Die Deutsche Bank überlegt dabei, ob sie die Mindestgrenze für das Vermögen anheben soll, das Kunden halten müssen, so Young. Der Vorstoss der Bank in Richtung der Ultrareichen bedeutet, dass sie sich mehr auf Kunden konzentriert, die mindestens 50 Millionen Euro an investierbarem Vermögen bei der Bank haben, bzw. ein Nettovermögen von mindestens 150 Millionen Euro.

Die Deutsche Bank wird dabei keine Masseneinstellungen vornehmen, sondern selektiv aufstocken, so Young. Basierend auf einer Schätzung von Asian Private Banker über die Anzahl der Kundenbetreuer der Deutschen Bank würde ein Anstieg von 30% über einen Zeitraum von fünf Jahren etwa 13 Neueinstellungen pro Jahr bedeuten.

(Bloomberg)