Es sollte nach 19 Jahren an der Spitze ein eher unromantischer Abgang werden. Seinen letzten Arbeitstag als CEO des Baarer Rohstoffriesen Glencore am 30. Juni wollte Ivan Glasenberg auf Reisen verbringen.
Das Ziel: Seinen Nachfolger Gary Nagle bei Kunden in Asien einführen. Abschiedsfeier? Bloss nicht.
Der Südafrikaner mit Schweizer Pass übergibt den Konzern zehn Jahre nach dem Börsengang in starker Verfassung: Die neue Generation ist bestellt, die Nachfrage nach Rohstoffen boomt, der Akienkurs hat sich seit dem Tief vom März 2020 mehr als verdoppelt (auch wenn er noch immer deutlich unter dem Ausgabekurs von 2011 liegt). Glasenbergs 9,2-Prozent-Paket ist gegen 4,5 Milliarden Franken wert.
Handverlesener «Mini-Ivan»
Seinen Einfluss wird der 64-Jährige jedoch auch nach seinem Abgang geltend machen. Zwar ist die Aktie in London kotiert, weshalb wegen der dort geltenden strengen Corporate-Governance-Vorgaben ein Wechsel auf den Präsidentensessel nie ein Thema war. Doch über sein Aktienpaket bleibt er zusammen mit der Qatar Investment Authority (sie hält ebenfalls 9,2 Prozent) der grösste Einzelaktionär. Seinen Einfluss hat er sich zudem auf andere Weise gesichert: Sein Nachfolger ist von ihm handverlesen und wird deshalb intern «Mini-Ivan» genannt. Nicht nur stammt Nagle wie Glasenberg aus dem bislang kaum als Managerschmiede beleumundeten Südafrika, sondern er hat dort auch an der gleichen Universität (Witwatersrand) das gleiche Fach (Buchhaltung) studiert.
Die beiden kennen sich lange: Glasenberg holte Nagle vor 21 Jahren aus Südafrika nach Zug in die Finanzabteilung, später machte er ihn zum Chef des Kohlegeschäfts, das er selbst auch geleitet hatte. Die Einführungsreisen rund um den Globus in Corona-Zeiten schweissten das Duo weiter zusammen. Der 46-jährige Nagle zog im März von Australien in die Schweiz.
Glasenberg wird Unternehmer
Es lohnt sich für ihn. Glasenberg bezog ein Salär von 1,5 Millionen Dollar, was bei einem jährlichen Dividendensegen von 100 bis 150 Millionen Franken verkraftbar schien. Nagle zählte dagegen beim Börsengang 2011 nicht zu den grossen Anteilseignern, deshalb hob der Verwaltungsrat sein Salär an der Generalversammlung im April trotz Protesten auf 10,8 Millionen Dollar an. Die Zustimmung lag bei mageren 74 Prozent.
Langweilig wird es Glasenberg kaum. Er hat sich ein Landgut in Litauen zugelegt – von dort war sein Vater einst vor dem Holocaust nach Südafrika geflohen. Dann betreibt er Charity in grossem Stil: Zusammen mit seiner Frau finanziert er mehr als 50 Schulen in der ehemaligen Sowjetunion und Südafrika. Und er wird Unternehmer: Der passionierte Radfahrer beteiligt sich an einer italienischen Radsportmarke.
Dieser Beitrag erschein erst in der bei «Bilanz» und handelszeitung.ch unter dem Titel «Glencore: Mini-Ivan folgt auf Big Ivan».