Die Transaktionen der amerikanischen Investmentboutique Pzena Investment Management können hohe Wellen am hiesigen Aktienmarkt werfen. Die Firma, die 70 Milliarden Dollar verwaltet, steigt meist mit grossen Beträgen ein, die über der 3-prozentigen Meldepflichtschwelle des hiesigen Börsenbetreibers SIX liegen. Entsprechend gross ist das Echo in der Finanzwelt.
Marktbeobachter - wie der cash insider hier berichtete - zeigten sich vor allem beim Ein- und Ausstieg von Pzena Investment Management bei AMS Osram vor Jahresfrist überrascht, nachdem sich die als langfristig orientierte Value-Investoren bekannten Amerikaner ein paar Monate nach dem Einstieg wieder von ihrem Paket trennten. John Goetz, Co-CIO und Mitbegründer von Pzena, gibt im Gespräch mit cash.ch auch unumwunden zu, dass sie bei AMS Osram daneben gegriffen haben.
Im Rahmen der AMS-Kapitalerhöhung konnten die Titel günstig erworben werden - selbst für den Fall, dass Apple auf den Kauf von AMS-Sensoren aus der sich in Malaysia im Bau befindlichen Anlage verzichte. Dies ist dann auch tatsächlich geschehen. «Und Murphys Gesetz schlug zu: AMS Osram beschloss, die Fabrik mit brandneuer Ausrüstung zu liquidieren. In unserem Szenario haben wir eine alternative Verwendung vermutet. Entsprechend waren die Einnahmen viel niedriger als wir dachten.»
Während viele Anleger oftmals zu lange auf verlustreichen Positionen sitzen bleiben, wird bei Pzena nicht lange gefackelt. Stimmt der Investment-Case nicht mehr, trennt sich die Firma von der Position.
Architekten des Aktien-Screenings
Die zwei Gründer Pzena und Goetz haben vor 30 Jahren ein quantitatives Screening entwickelt, das Aktienkurse und Fundamentaldaten von Unternehmen weltweit vergleicht. Alle Unternehmen werden autonom modelliert; der Aktienkurs wird laufend mit den erwarteten, zukünftigen Gewinnen und Cashflows abgeglichen. «Wenn wir uns nun ein Unternehmen ansehen und die Geschichte nicht relevant ist, weil es massive strukturelle Veränderungen oder Ähnliches gibt, verzichten wir auf einen Kauf. Dies wären Wert-Fallen», so Goetz.
Hin und wieder gibt es einige gute Unternehmen, bei denen die Probleme nur vorübergehend sind. Dort will Pzena investiert sein. Ein solches Beispiel ist Julius Bär, wo das US-Unternehmen im ersten Quartal 2025 eine Beteiligung von über 3 Prozent aufgebaut hat. Dies geht aus einer Offenlegung der SIX vom 26. März hervor.
Der Evaluationsprozess beschränkt sich dabei nicht nur auf die Datenanalyse bei der von Geldwäscherei-Skandalen, Benko-Krediten und anderen privaten Kreditanlagen geplagten Privatbank. Goetz und sein Team haben bei ehemaligen Mitarbeitern nachgefragt, ob das Vermögensverwaltungsgeschäft dort ähnlich wie bei der Credit Suisse beeinträchtigt sei. «Das wurde zur grundlegenden Frage, ob wir einsteigen oder nicht». Summa summarum zeigte die Analyse der New Yorker: Das alte Top-Management sei einfach zu gierig gewesen.
Auch wenn viele Investoren zunehmend auf Momentum-Strategien setzen und Wachstumswerte bevorzugen, bleibt der Asset Manager Pzena seinen wertorientierten Prinzipien treu. Das Interesse an einem Investment steigt, wenn das Unternehmen Kontroversen, Kursrückgänge und Unsicherheiten durchlebt. Dann, wenn kein Aktionär mehr an das Unternehmen glaubt. So war das auch bei UBS, wo Pzena schon vor einigen Jahren eingestiegen ist und immer noch beteiligt ist über verschiedene Fonds. Von einem Einstieg bei der Credit Suisse hatte Goetz im Jahr 2022 aber abgesehen, zu risikoreich war die Ausgangslage.
Mit Swatch ein Sorgenkind angelacht
Irgendwie ist das Interesse an Swatch vor dem Value-Hintergrund nicht überraschend. Goetz zeigt sich als grosser Fan des Bieler Uhrenunternehmens. «Wir halten Swatch vor dem Value-Hintergrund für sehr interessant. Es ist eines der faszinierendsten Dinge, die ich je gesehen habe», erklärt Goetz von Pzena gegenüber cash.ch. «Sie produzieren immer noch Uhren in ihren eigenen Gebäuden. Das gefällt uns, aber den Analysten an der Wall Street überhaupt nicht.»
Wichtig ist für Goetz, wie Swatch seine Probleme überwinden wird. Er ist denn auch überzeugt, dass der Lageraufbau irgendwann zum Stillstand kommt, wenn die Umsätze nicht anziehen. «Die China-Angst und die negative Stimmung, vor allem im Zusammenhang mit Immobilien, waren für die wohlhabenden Chinesen eine Katastrophe. Es ist absolut verständlich, dass die Käufer in den Winterschlaf gehen. In der Schweiz wäre es genauso. In einer massiven Rezession würden weniger Rolex-Uhren gekauft.»
Die Frage ist für Goetz nun, was bei Swatch mit der Bilanz wegen der rückläufigen Cashflows passiert. Das Uhrenunternehmen hat keine Schulden, aber gemäss Goetz könnte es beim Verbrennen von liquiden Mittel noch schlimmer kommen. «Das wird die Bilanz nicht zerstören, aber irgendwann wird die Produktion so runtergefahren, damit die liquiden Mittel nicht weiter schmelzen. Dann wird der Markt sagen: ‘okay, gut.’»
Auf die Frage, ob Swatch-CEO Nick Hayek es schaffe, das Steuer herumzureissen, hat Goetz eine dezidierte Antwort: «Nick Hayek legt grossen Wert auf die Produktqualität und die langfristige Gesundheit des Unternehmens. Das ist das Wichtigste.»
Die Analysten von Pzena betrachten die Management-Meetings mit allen Unternehmen - ob nun AMS, Credit Suisse, Swatch oder UBS - sehr kritisch. Und entsprechend dreht sich neben diesen Gesprächen vor dem Investitionsentscheid alles um die Bewertung. Genau da hat Swatch immer noch seine Vorteile, da neben den Uhrenmarken Omega, Swatch, Blancpain oder Breguet noch die Uhrenwerke der Tochter ETA hinzukommen.
Swatch ist das einzige Schweizer Unternehmen, das die Technologie auf der Ebene des Getriebe-Uhrwerks vorantreibt. «Dies wird in der aktuellen Bewertung nicht berücksichtigt», zieht Goetz von Pzena Investment Managers das Fazit.