Mit einem Hilfspaket von 20 Milliarden Dollar will US-Finanzminister Scott Bessent das wirtschaftlich angeschlagene Argentinien stabilisieren und die Regierung von Präsident Javier Milei politisch stützen soll. Washington will über Swap-Vereinbarungen den Peso absichern und hat bereits direkt am Devisenmarkt interveniert. Dieser Schritt ist ungewöhnlich und kam in den vergangenen Jahrzehnten nur selten vor.

Damit sich dieser Plan, den Besset am vergangenen Donnerstag vorstellte, für die Amerikaner auszahlt, muss eine ganze Reihe von Dingen gut laufen – in einem Land, in dem solche Dinge historisch oft schiefgehen.

«Das ist keineswegs eine Rettungsaktion», sagte Bessent gegenüber Fox News. Viele Beobachter sehen das anders, denn die Massnahme kommt von einer Regierung, die sich einer «America First»-Politik verschrieben hat und nun einem Land hilft, das als notorischer Schuldensünder gilt.

Milei, einer der engsten Verbündeten Washingtons in Lateinamerika, versucht, die maroden Staatsfinanzen zu sanieren und die galoppierende Inflation einzudämmen – notfalls mit der «Kettensäge» beim Haushalt. Nach einer Wahlschlappe im September geriet der Peso jedoch massiv unter Druck, kurz vor den entscheidenden Zwischenwahlen.

Bessents Wette beruht darauf, dass Milei mit US-Finanzkraft im Rücken die Wahlen gewinnt. Mit einem kooperativen Kongress könnte er dann sein Wirtschaftsprogramm umsetzen und das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen. Analysten halten das nicht für unmöglich – aber für schwierig.

«Es ist ein Wette»

«Es ist eine Wette darauf, dass alle Probleme, mit denen Argentinien derzeit konfrontiert ist, eine Folge der Politik sind, und dass Milei ein Ass aus dem Ärmel ziehen und bei den Wahlen im Oktober besser abschneiden kann als erwartet», sagt Brad Setser, ein ehemaliger Beamter des Finanzministeriums, der jetzt für das Council on Foreign Relations arbeitet.

Doch selbst dann, so Setser, blieben strukturelle Schwächen bestehen. «Es ist eine Wette darauf, dass der Peso strukturell nicht überbewertet ist», sagt er. «Es ist eine Wette darauf, dass die Bandbreite hält.»

In den vergangenen anderthalb Wochen hatte das argentinische Finanzministerium bereits rund 1,8 Milliarden Dollar eingesetzt, um den Peso zu stützen – bevor die US-Intervention den Kurs stabilisierte und Staatsanleihen steigen liess.

Milei kann auf einige wirtschaftliche Erfolge verweisen: Nach Jahren hoher Defizite erzielte Argentinien erstmals seit 2009 Haushaltsüberschüsse, und die Inflation ist um etwa 30% gegenüber den früheren Spitzenwerten gesunken. Das war ein zentraler Punkt seiner Wahlkampagne.

Doch diese Fortschritte beruhen auf einer strikten Kontrolle des Peso, die Importe verbilligte, aber Spannungen im Finanzsystem schuf.

Bessent, der 1992 an George Soros’ berühmter Wette gegen das Pfund beteiligt war, steht diesmal auf der anderen Seite: Er setzt auf eine Währung, um die Spekulanten kreisen.

«Das Regime muss sich ändern»

Bessent hält den Peso für unterbewertet, wie er gegenüber Fox News sagte. Die meisten Ökonomen widersprechen und sehen in der Stärke der Währung ein Wettbewerbsproblem. Der Beweis liegt offen zutage: In chilenischen Einkaufszentren kaufen Argentinier massenhaft ein – dank der gestiegenen Kaufkraft des Peso.

«Es besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass das Devisensystem geändert werden muss» und der Peso freier schwanken sollte, schrieb der Barclays-Ökonom Ivan Stambulsky diese Woche. «Viele glauben, dass die Anpassung kurz bevorsteht.»

Ein solcher Schritt vor den Wahlen wäre für Milei jedoch politisch verheerend. Dank der US-Intervention kann er ihn vorerst vermeiden.

Wie genau die US-Intervention ausgestaltet ist, bleibt offen. Mehr Einzelheiten werden erwartet, wenn Milei kommende Woche Präsident Donald Trump im Weissen Haus trifft. Bessent deutete an, dass der Devisenstabilisierungsfonds des US-Finanzministeriums zum Einsatz kommen könnte – möglicherweise unter Nutzung von Sonderziehungsrechten des IWF.

Bereits in Trumps erster Amtszeit hatte man ein ähnlicher Eingriff erwogen. Dies wurde aber verworfen aus Sorge, gutes Geld schlechtem hinterherzuwerfen, berichten Insider.

Sollte Milei die Zwischenwahlen gewinnen, könnte Argentinien wirtschaftlich wieder Tritt fassen. Doch alles müsste perfekt laufen. Washingtons Ziel sei es vorerst, die Märkte bis zum Wahltag zu beruhigen, so eine der Personen weiter. Sollten die Sonderziehungsrechte Teil des Pakets sein, würden sie vermutlich zur Rückzahlung eines Teils der rund 55 Milliarden Dollar Schulden beim IWF genutzt.

«China vertreiben»

Mit dieser Schuldenlast ist Argentinien der grösste Kreditnehmer des IWF – das Resultat mehrerer fehlgeschlagener Hilfsprogramme, zuletzt während Trumps erster Amtszeit, als Präsident Mauricio Macris Reformkurs kollabierte.

Der IWF bewilligte im April weitere Zahlungen, allerdings gegen interne Widerstände. Fondschefin Kristalina Georgieva war in Gespräche mit Bessent und Milei eingebunden, hat bislang aber keine Anzeichen gegeben, dass bei den Jahrestagungen des Fonds in dieser Woche zusätzliche Mittel bewilligt werden könnten.

Ein Motiv für das US-Engagement dürfte der Versuch sein, den wachsenden Einfluss Chinas in Lateinamerika einzudämmen. Die Trump-Regierung widmet der Region mehr Aufmerksamkeit als ihre Vorgänger, setzt dabei auf eine Mischung aus Druck und Anreizen: Venezuela wurde mit militärischen Massnahmen gedroht, Brasilien mit Strafzöllen belegt – und Milei wird nun finanziell gestützt.

Argentinien verfügt zudem über eine Swap-Linie von 18 Milliarden Dollar mit der chinesischen Zentralbank, die Milei in diesem Jahr verlängerte. Bessent sagte, der Präsident sei «entschlossen, China aus Argentinien zu vertreiben».

Auch wenn ein entschiedener Kurs gegenüber China in Washington parteiübergreifend unterstützt wird, stösst Bessents Hilfspaket für Argentinien bereits auf Kritik – und zwar von beiden Seiten des politischen Spektrums.

Einige Republikaner warnen, dass US-Sojabauern, die mit argentinischen Produzenten um den Export nach China konkurrieren, zu den Verlierern des Plans gehören könnten. Bessent wurde fotografiert, wie er offenbar eine Textnachricht von US-Agrarministerin Brooke Rollins las, in der sie Bedenken über das Argentinien-Vorhaben äusserte.

«Failed State»

Auch Demokraten kritisieren das Hilfspaket: Es verstosse gegen Trumps «America First»-Agenda. Senatorin Elizabeth Warren brachte einen Gesetzentwurf ein, der dem Finanzministerium den Einsatz seiner Mittel untersagen würde, und liess Vermögensverwalter zu möglichen Verbindungen zu dem Deal befragen.

Bessent bezeichnete Argentinien als Land von «systemischer Bedeutung», ohne dies näher zu erläutern. Die Unterstützung für Milei sei vollkommen vereinbar mit der «America First»-Politik, betonte er. «Ich sage Ihnen warum», sagte er zu Fox-Moderatorin Laura Ingraham. «Wollen wir wirklich wieder Kanonenboote losschicken wie in Venezuela? Wir wollen keinen gescheiterten Staat.»

Doch der Zeitpunkt des Hilfspakets birgt zusätzliche Risiken: Es fällt mitten in eine Phase, in der Washington durch einen Haushaltsstreit gelähmt ist.

Damit kommt eine zusätzliche Unsicherheit hinzu, sagt Brad Setser vom Council on Foreign Relations. Neben allen anderen Risiken gehe Bessent noch eine weitere Wette ein: «Er setzt darauf, dass das US-Politiksystem bereit ist, Geld nach Argentinien zu schicken, während die eigene Regierung stillsteht und keine Schecks an Amerikaner ausstellt.»

(Bloomberg)