Vom 21. bis 23. August blicken die Finanzmärkte gebannt auf den Ferienort Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming am Fusse der Rocky Mountains. Am Donnerstag startet dort das jährliche Notenbank-Symposium der Federal Reserve - diesmal unter dem Motto «Arbeitsmärkte im Umbruch: Demografien, Produktivität und Konjunkturpolitik.»
Im Fokus des dreitägigen Treffens, zu dem Spitzenvertreter der internationalen Geldpolitik erwartet werden, steht die am Freitagnachmittag (16:00 Uhr MESZ) erwartete Rede von Fed-Chef Jerome Powell. Er könnte darin Hinweise auf eine Lockerung der Geldpolitik auf der kommenden Zinssitzung im September geben.
«Investoren werden aufmerksam auf Signale des Vorsitzenden Powell hinsichtlich eines Neustarts von Zinssenkungen achten,» schreiben die Experten der UBS. Denn der Fed-Zinsentscheid steht am 17. September an.
Zinsfutures preisen Zinssenkung ein
Jüngste Konjunkturdaten hatten die Erwartung einer Zinssenkung genährt. Sie deuteten auf eine Abkühlung des US-Arbeitsmarktes hin, während sich zugleich die Auswirkungen von Zöllen auf die Inflation bislang in Grenzen hielten. An den Finanzmärkten wird daher damit gerechnet, dass die Fed im kommenden Monat die Zinsen um einen viertel Prozentpunkt auf die Spanne von 4,00 bis 4,25 Prozent lockern wird.
Gemessen an den Zinsfutures taxierten Investoren vergangene Woche die Wahrscheinlichkeit dafür bei rund 94 Prozent. Heute beträgt sie noch 83 Prozent.
Ökonomen sind da etwas vorsichtiger: Laut der jüngsten, am Freitag veröffentlichten Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters rechnen 61 Prozent mit einem solchen Schritt. In der Juli-Umfrage waren es 53 Prozent. Ein Ökonom erwartet eine Senkung um 0,5 Prozentpunkte. Der Rest geht davon aus, dass die Fed im September erneut die Füsse stillhalten wird.
«Unserer Ansicht nach ist die Hauptfrage nicht so sehr, ob die Fed ihre Geldpolitik lockern muss, um einem Stellenabbau entgegenzuwirken», schreiben die Experten der britischen Grossbank Barclays. Es gehe vielmehr darum, ob die Situation Zinssenkungen rechtfertige, weil sich das Risiko von der Inflation weg und hin zum Ziel der Vollbeschäftigung verschoben habe. Die Fed hat neben stabilen Preisen auch Vollbeschäftigung zum Ziel.
Nach Einschätzung von Commerzbank-Chefökonom Bernd Weidensteiner haben die Juli-Inflationsdaten zwar einen etwas beschleunigten Anstieg der Preise ohne Nahrung und Energie gezeigt. Die Auswirkungen der Zollerhöhungen blieben aber weiter begrenzt. «Damit steht einer Zinssenkung auf der Fed-Sitzung Mitte September wohl nichts mehr im Wege.»
Die Commerzbank erwartet eine Senkung um 0,25 Prozentpunkte. Powell habe in Jackson Hole die Gelegenheit, baldige Zinssenkungen kommunikativ vorzubereiten. «Powell könnte den Märkten ausserdem Wegweisung geben, wie sich die Fed die Ausrichtung ihrer Geldpolitik in den nächsten Monaten vorstellt.»
Trump gegen Powell
US-Präsident Donald Trump drängt massiv auf eine lockerere Geldpolitik der unabhängigen Fed und schreckt auch vor verbalen Angriffen gegen Powell nicht zurück. «Jerome 'zu spät' Powell muss JETZT den Leitzins senken», forderte der Republikaner kürzlich erneut.
«Der Schaden, den er angerichtet hat, weil er immer zu spät handelt, ist unermesslich,» schrieb er auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social. Auch erwäge er, «eine grosse Klage gegen Powell zuzulassen».
Unterstützung bekam er von seinem Finanzminister Scott Bessent, der sich für eine Zinssenkung um 0,5 Prozentpunkte im September aussprach. Trump sucht bereits nach einem Nachfolger für Powell, dessen Amtszeit im Mai 2026 endet.
Sehr zur Unbill von Trump beliess die US-Notenbank den Leitzins zuletzt Ende Juli unverändert in einer Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent. Allerdings hatten zwei Direktoren im Offenmarktausschuss für eine Senkung votiert.
Das ist ungewöhnlich für die Fed, bei der es zuletzt Ende 1993 zwei Abweichler gegeben hatte. Powell zufolge wollte die Fed erst mehr Klarheit darüber gewinnen, wie sich die Zollerhöhungen auf Inflation und den Arbeitsmarkt auswirken werden.
Und damit rückt eine andere Publikation in den Fokus der Anleger - noch vor Beginn des Notenbanker-Treffens: das Protokoll der jüngsten Fed-Sitzung. Dieses wird am morgigen Mittwochabend um 20:00 Uhr (MESZ) veröffentlicht. Besonders weitere Informationen zu den beiden Abweichlern dürften interessieren.
(Reuters/cash)