Die argentinische Aktienmarkt hat in diesem Jahr die höchsten Renditen im weltweiten Vergleich erzielt. Mit einem Kursplus von knapp 160 Prozent in lokaler Währung und 116 Prozent in Schweizer Franken schlägt der Leitindex S&P Merval alle anderen Benchmarks deutlich.
Möglich gemacht hat es Javier Milei. Seit Dezember 2023 amtiert er als Staatspräsident des südamerikanischen Landes und hat sich die Erneuerung der argentinischen Wirtschaft und Reduktion der Inflation zur Hauptaufgabe gemacht. Trotz einer durchzogenen Leistungsbilanz haben die Aktienmärkte Hoffnung in das in Ungunst gefallene Land erneut gefunden und einen eventuellen Sieg über die Hyperinflation bereits prämiert.
Der diesjährige Kursverlauf des ETF von Global X auf den MSCI Argentina (in Dollar).
Trotz dieser Performance ist der argentinische Leitindex nicht teuer. Laut Daten von Bloomberg handelt der S&P Merval derzeit zu einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 11,6. Die Bewertung ist gegenüber 2023 und der ersten Jahreshälfte 2024 sogar noch etwas gesunken. Während das KGV in den 18 Monaten nach Amtsantritt von Milei bei durchschnittlich 9 lag, sank die Kennzahl in der zweiten Hälfte dieses Jahres auf bis 7,6. Bessere Unternehmensgewinne sind der Grund dafür.
Merval: Kleiner Index mit weniger Schwergewichten
Energie-, Finanzunternehmen und Versorger sind die Haupttreiber der argentinischen Börse. Der Leitindex besteht aus 22 Aktien, wovon über 80 Prozent den zuvor genannten drei Sektoren zugeordnet werden. Es gibt einen börsenkotierten Indexfonds, der schon länger auf dem Markt ist. Der "Global X Argentina MSCI ETF" investiert in Aktien aus Argentinien oder in Unternehmen, die einen Umsatzanteil in Argentinien erwirtschaften. Er hat sich 2024 im Wert fast verdoppelt.
Auch in Einzelaktien kann man investieren, und zwar über so genannte ADR an der New York Stock Exchange. Das sind Zertifikate, das von einer US-Bank ausgestellt werden, welche die zugrundeliegenden Aktien in Verwahrung nehmen. Mit einer Gewichtung von fast 21 Prozent ist der Energiekonzern YPF das Schwergewicht im Merval. Während YPF vor drei Jahren noch einen Gewinn pro Aktie von 10 Dollar Cents erwirtschaftet hatte, dürften es in diesem Jahr 6,80 Dollar sein. Die Aktien sind in diesem Jahr 220 Prozent in Lokalwährung im Plus.
Das zweite Schwergewicht ist das Finanzkonglomerat Grupo Financiero Galicia, das aus Tochterunternehmen im Bankbereich, Versicherungen, in der Vermögensverwaltung, im Kreditkarten- und Konsumkreditgeschäft sowie der Hypothekarvergabe besteht. Mit einer Marktkapitalisierung von knapp 10 Milliarden Dollar macht es knapp 17 Prozent der Indexgewichtung aus.
Mit den Wachstumsraten von YPF kann das Finanz-Konglomerat zwar nicht mithalten, doch die Profitabilität kann sich durchaus mit der internationalen Konkurrenz messen. Die Reingewinnmarge von 20 bis 25 Prozent liegt beispielsweise deutlich über der Profitabilität der UBS (15 bis 20 Prozent) und nur leicht unter derjenigen führender US-Banken wie JPMorgan (28 bis 30 Prozent). Die Aktien avancierten in diesem Jahr um über 350 Prozent.
Der dritte "Elefant" ist der Versorger Pampa Energia. Der Stromkonzern produziert 10 Prozent der argentinischen Energie und weist wie YPF ein riesiges Wachstum auf. Bis 2026 erwarten Analysten eine knappe Verdopplung des Umsatzes - gegenüber den Jahresergebnissen 2021 ist dies 23 Mal mehr. Die Hyperinflation kann dem Unternehmen offenbar wenig anhaben, da die Reingewinnmargen bis 2026 stabil und sogar etwas ausgebaut werden dürften. Die Aktien von Pampa sind knapp 120 Prozent in diesem Jahr im Plus.
Grupo Financiero Galicia ist mit einem vorwärtsgerichteten KGV von 7 das am tiefsten bewertete Unternehmen der Dreiergruppe. YPF bringt ein KGV von 9 auf die Waage und Pampa ist mit einem Verhältnis von 22 die am teuersten Aktie. Weitere Unternehmen mit Potenzial, die von Investoren genannt werden, sind Cresud (Fokus auf landwirtschaftliche Grundstoffe), Telecom Argentina, Edenor (Energieversorgung) oder Loma Negra (Baustoffe und Zement).
Hat Milei mit seinem Reformprogramm Erfolg, dürften sowohl Bewertungen als Kurse massiv steigen. Die Inflation führt einerseits zu massiv höheren Kursniveaus, wobei die Aussicht auf eine Stabilisierung der Hyperinflation auch die Bewertungen anheben dürfte. Ist die Teuerung unter Kontrolle, dürfte auch die Währung den Wertverlust stoppen oder mindern, den ausländische Investoren derzeit erleben.
Doch über dem südamerikanischen Land hängt das Gespenst der Zahlungsunfähigkeit und die damit verbundene nicht-Einlösung von Versprechen. In den vergangenen 24 Jahren war Argentinien drei Mal zahlungsunfähig. Zwar ist die Zahlungsunfühgkeit nichts Ungewöhnliches für Südamerika, es zeugt jedoch von der Schwierigkeit, Reformen in einem vom Staat abhängigen Wirtschaftssystem durchzubringen. Investoren, die es wagen, in Argentinien zu investieren, werden aufgrund dieses erhöhten Risikos belohnt. Zurecht.
5 Kommentare
Dieses angebliche Wachstum hat nur einen kleinen Schönheitsfehler: Es stammt grösstenteils nicht aus Wertschöpfung sondern einerseits aus Inflation und andererseits sondern Vermögens- und Einkommensumverteilung.
Die Inflation sinkt zwar, dennoch war sie im November 2024 immer noch bei knapp unter 200% gegenüber dem Vorjahresmonat. Unternehmen der Grundversorgung können ihre Inflationskosten oft 1:1 weitergeben, weil die Nachfrage vollkommen preisunelastisch ist, weil die Leute nicht ausweichen können. Verdoppelt sich der nominale Umsatz bei 200%iger Inflation, ist das ein reales Wachstum von 0. Es verwundert also nicht, dass diese Unternehmen ein nominales Wachstum aufweisen. Nur ist es halt eine reine Luftnummer, weil dem einen ebensogrosse wenn nicht grössere Entwerung der Währung entgegensteht.
Der Vermögensumverteilungseffekt stammt aus der Privatisierung staatlicher Unternehmen zu deutlich unterbewerteten Kaufpreisen. Das Gleiche gilt für die Veräusserung von staatlichen Konzessionen, insb. im Bereich Rohstoffe. Unter dem Deckmäntelchen des Staatsabbaus bedienen sich hier einige Wenige am Volksvermögen, das privatisiert wird. Ähnlich funktioniert die Steuerreduktion für Gutverdienende und Gutsituierte. Durch Abbau staatlicher Leistungen benötigt der Staat weniger Steuereinnahmen. DIe Ersparnis wird als Steuererleichterung dann an die oberen zehntausend weitergegben. Der Rest muss dann selber schauen, wo er bleibt, wenn Sozialleistungen, Schulen, etc. gestrichen werden. Auch das ist nichts anderes als eine Privatisierung von Staatsvermögen.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Gemengelage zum Kollabieren der Writschaft führt. Aber so muss es wohl sein, wenn man Leute an die Spitze des Staates wählt, deren Kernqualifikation das Schwingen von Motorsägen ist.
Die Sozi Gutmenschen an die Macht! Die haben ja bewiesen, dass sie es können 🤣
Danke. Sehr genau analysiert. Was in Argentinien geschieht ist "Raubrittertum". Leider nichts Neues in diesem Land, das beste Voraussetzungen hatte / hätte, um zu prosperieren.
@cobe Haben Sie es schon mal mit Fakten und Argumenten statt Beleidigung versucht? Muss man sich halt etwas mit der Sache beschäftigen und nachdenken. Wäre doch ein guter Vorsatz für's neue Jahr.
Ich lebe als Aktieninvestor. Ihre Aussage
"Der Vermögensumverteilungseffekt stammt aus der Privatisierung staatlicher Unternehmen zu deutlich unterbewerteten Kaufpreisen. Das Gleiche gilt für die Veräusserung von staatlichen Konzessionen, insb. im Bereich Rohstoffe. Unter dem Deckmäntelchen des Staatsabbaus bedienen sich hier einige" ist sozialistische Neidphilosophie.
Argentinien ist durch Phasen der Liberalität und Verstaatlichung gegangen. Beispielsweise hat Repsol viel Geld in Argentiniens Ölindustrie investiert und ist bei einem Regierungswechsel enteignet worden.
Eine Investition in Argentinien ist ein extremes Risiko. D.h. es bedürfte einer sehr grossen Chance um mich zu motivieren. Sprich die niedrigen Bewertungen, Privatisierungserlöse, die zugesagte Steuerfreiheit für Investoren sind Kosten des sozialistischen Raubrittertums. Sollte sich Argentinien vom Peron Sozialismus erholen können weitere Erdöl-, Erdgas-, Lithium, Silber Konzessionen sicherlich zu höheren Preisen und Steuereinnahmen vergeben werden.