Mit dem «Barbie»-Hype im Rücken will sich Birkenstock nun in der harten Realität der Finanzmärkte bewähren - und die Zeit für den in der nächsten Woche geplanten Börsengang in New York ist nicht gerade leicht. Die Verbraucher halten ihr Geld zusammen und verzichten wegen der stark gestiegenen Lebenshaltungskosten auf Schuhe, die man nicht unbedingt braucht. Nach einer Untersuchung hat jeder Birkenstock-Kunde in den USA im Schnitt 3,6 Paar der Sandalen zuhause. «Die Frage ist, wie man die Leute dazu bringt, ein weiteres Paar Birkenstock zu kaufen», sagt Analystin Mamta Valechha vom Fondsmanager Quilter Cheviot.

Grundsätzlich sind die Analysten angetan von Birkenstock. Jessica Ramirez von Jane Hali & Associates vergleicht sie mit Crocs, den klobigen Gummischlappen: «Beide sind nicht unbedingt dafür bekannt, schön zu sein.» Trotzdem hätten die Kunden Birkenstocks gekauft. Die Marke sei moderner und dynamischer geworden. Einst als spiessige Gesundheitssandale verschrien und von Alt-Hippies getragen, haben die Sandalen mit Namen wie «Arizona», «Madrid» oder «Boston» ihren Weg auch auf die Laufstege der Modemetropolen gefunden.

1000 Euro für Dior-Birkenstocks

Von der Badeschlappe für 50 Euro über Birkenstocks mit Fell bis hin zur Luxus-Sandale in Zusammenarbeit mit Dior für fast 1000 Euro reicht die Produktpalette des Traditionsunternehmens aus Linz am Rhein, zwischen Bonn und Koblenz. «Birkenstock passt ganz gut zu vielen strukturellen Veränderungen des Kaufverhaltens: Gesundheit, Komfort und Nachhaltigkeit», sagt Siobhan Gehin, Partnerin der Unternehmensberatung Roland Berger.

Gegen den Branchentrend zieht Birkenstock eine stabile Zahl von Kunden in die Läden. Doch das Augenmerk der Analysten gehört dem Direktverkauf über den eigenen Internet-Auftritt und die 45 eigenen Geschäfte. Zum Vergleich: Birkenstock zählt 6000 Grosshändler als Kunden. Nach Daten der Analysefirma Similarweb besuchten die Birkenstock-Homepage bis August 26,4 Prozent mehr Kunden als ein Jahr zuvor. Die Luxusturnschuhmarke Golden Goose, Dr Martens oder Allbirds verzeichneten den Daten zufolge dagegen sinkende Klickzahlen.

Schuhfirmen hatten es an der Börse zuletzt schwer

Schuhfirmen haben es an der Börse schwer. Die Bilanz der drei 2021 an den Aktienmarkt gegangenen Hersteller ist ernüchternd: Der Börsenwert von Allbirds ist seither drastisch gesunken, Dr Martens hat sich an der Börse etwa halbiert, und auch der durch Tennisstar Roger Federer bekannte Turnschuhhersteller ON hat eingebüsst. «Wenn man sich den Trend bei anderen IPOs von Schuhfirmen anschaut, sind die Aussichten für Birkenstock nicht gerade rosig», sagt Fondsanalystin Valechha. Dazu kommen die wackligen Börsen. In Deutschland sagte der Panzerzulieferer Renk sein Debüt in letzter Minute mangels Nachfrage ab. In den USA ging es für die Aktien des Chip-Designers Arm und des Lebensmittel-Lieferdienstes Instacart nach ihrem Börsendebüt nach unten.

Birkenstock peilt bei seinem Börsengang eine Bewertung von bis zu 9,2 Milliarden Dollar an. Die Aktienemission soll bis zu 1,58 Milliarden Dollar bringen, einschliesslich Platzierungsreserve könnten es sogar 1,92 Milliarden werden. Zwei Drittel der Erlöse gehen an die Beteiligungsfirma L Catterton, hinter der der französische Milliardär Bernard Arnault steht, Eigentümer des Luxuskonzerns LVMH. Mit dem Rest will Birkenstock einen Teil seiner Schulden zurückzahlen. Der Börsengang ist weitgehend abgesichert: Financiere Agache, die private Holding von Arnault, hat signalisiert, Aktien für bis zu 325 Millionen Dollar zu zeichnen, insgesamt 300 Millionen sollen vom Investor Durable Capital Partners und dem norwegischen Staatsfonds kommen. «Das Interesse prominenter Investoren ist bemerkenswert», findet Matt Oguz, Chef des Iris Family Office im Silicon Valley. Er will Birkenstock-Aktien zeichnen.