Die Spatzen haben es schon seit längerem von den Dächern gepfiffen, seit Wochen verfestigen tägliche Negativmeldungen den Eindruck: Die Weltwirtschaft steckt in einer Krise. Praktisch überall wird eine Schrumpfung des industriellen Sektors beklagt. Auch in den USA – bis anhin ein konjunktureller Fels in der Brandung – prophezeien die Frühindikatoren einen Rückgang des verarbeitenden Gewerbes.

"Ein noch dramatischeres Bild zeigt sich, wenn man sich die Exporterwartungen anschaut", sagt Karsten Junius, Chefökonom von J. Safra Sarasin, im cash-Börsen-Interview. Das Epizentrum des Problems sei schlicht der Handel. Wenn die weltweite Zusammenarbeit stockt, zieht das die ganze Wirtschaft mit runter. Und die Krise weitet sich aus: "Je länger die Industrie-Krise anhält, desto grösser ist der Negativ-Effekt auf die industrienahen Dienstleistungsbereiche", sagt Junius.

Industriekrise schwappt auf Dienstleistungsbranche über

Die Industriekrise ist derzeit weltweit daran, auf die Dienstleistungsbranche überzuschwappen – und damit auf den Konsum. Doch es gibt ein kleines gallisches Dorf, das sich gegen die Krise im Dienstleistungsbereich wehrt. "Die Schweiz ist der einzige Lichtblick. Hier zeigt sich der Dienstleistungsbereich weiterhin stark, obwohl hierzulande die Industrie ebenso schwächelt", so der Chefökonom.  

In diesem unsicheren Umfeld sei es gleichermassen erstaunlich und erfreulich, dass sich der Schweizer Aktienmarkt einigermassen stabil hält – vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass die schwächelnde Weltwirtschaft primär die exportorientierten Schweizer Unternehmen trifft. "Trotzdem bin ich für die Aktienmärkte überwiegend skeptisch, was die nächsten drei Monate angeht. Mindestens bis in den November." Es seien weiterhin negative Nachrichten aus Industrie und Wirtschaft zu erwarten, sagt Junius.

Zurückhaltung an den Aktienmärkten

Hinzukommen politische Unsicherheiten wie der schwelende Handelsstreit oder der nicht enden wollende Brexit. Doch worin liegen die Hoffnungen für die Zukunft? Auf die Notenbanken solle man laut Junius nicht schauen. "Wir sind einer Situation, wo die Geldpolitik ausgereizt ist", so der Chefökonom.

Auf der anderen Seite seien die Finanzierungskosten durch die niedrigen Zinsen so gering geworden, dass dies eigentlich nur einen einzigen Schluss zulasse: "Die nächste Stimulierung der Wirtschaft muss endlich von der Fiskalpolitik kommen", fordert Junius. Heisst: Nach jahrelangen geldpolitischen Spritzen ist endlich die Politik am Zug.

Sehen Sie im cash-Börsen-Interview, warum es für Karsten Junius im Handelsstreit nicht nur die Zölle sind, die auf der Weltwirtschaft lasten, wo wir heute ohne den Handelskonflikt stünden und warum er bei einer möglichen Abwahl Trumps eine Politik der verbrannten Erde erwartet.