Rohöl der Sorte Brent hat am Mittwoch zum ersten Mal seit zwei Jahren 75 Dollar pro Barrel erreicht, da eine starke Erholung der Nachfrage auf Angebotsengpässe stösst. Weil der europäische Energiesektor immer noch 12 Prozent unter dem Niveau vor der Pandemie liegt - die schlechteste Performance aller europäischen Sektoren - wittern einige Analysten und Investoren eine Chance. Insbesondere Ölaktien werden mit einem Abschlag von etwa 27 Prozent gegenüber dem breiteren Markt gehandelt. Im Durchschnitt der letzten 15 Jahren lag dieser Abschlag bei 11 Prozent.

"Wir mögen Energieaktien", sagt Mark Haefele, Anlagechef von UBS Wealth Management. Die Rohstoffpreise, insbesondere Öl, tendieren dazu, sich parallel zur Inflation zu bewegen. Das aktuelle wirtschaftliche Umfeld unterstütze die Inflation. Haefele geht zudem davon aus, dass die Öl-Lagerbestände wahrscheinlich im Sommer weiter zurückgehen werden, da die Nachfrage inmitten der globalen Wiedereröffnung steigt.

Preisentwicklung beim Rohöl der Sorte Brent seit Januar 2020 (Quelle: cash.ch).

Die US-Grossbanken Bank of America und Goldman Sachs wie auch das Rohstoffhandelsunternehmen Trafigura prognostizieren sogar, dass Rohöl der Sorte Brent im nächsten Jahr 100 Dollar pro Barrel erreichen könnte.

Attraktive Aktienrückkäufe

Während eine Reihe von Dividendenkürzungen für Ölaktien - traditionell einkommensstarke Vermögenswerte - zuletzt eine grosses Minus war, verbessert sich auch hier Lage für die Aktionäre. Denn obwohl die Dividenden möglicherweise in absehbarer Zeit nicht das Niveau vor der Pandemie erreichen werden, geben Energieunternehmen jetzt durch Aktienrückkäufe Bargeld an die Aktionäre zurück.

"Der europäische Öl- und Gassektor tritt in eine Phase mit hohem Cashflow ein", sagen die Analysten von Goldman Sachs. Sie schätzen, dass dieser Sektor 2021 76 Milliarden und im Jahr 2022 75 Milliarden Dollar an freien Cashflows generieren wird. Das ist das Vierfache des Zehnjahresdurchschnitt.

Da die Bilanzen weitgehend wieder im grünen Bereich sind, kann der europäische Energiesektor laut Goldman Sachs den Fokus zunehmend auf die Aktionäre verlagern. Die US-Grossbank rechnet bis Ende Jahr mit einer durchschnittlichen Rückkaufrendite von 3 Prozent. Von den europäischen Erdölkonzernen BP und Shell wird erwartet, dass sie die höchsten Rückkaufrenditen in der Branche bieten werden.

(Bloomberg/cash)