Lange Zeit war es ruhig um die Amazon-Aktie. Während die Big-Tech-Schwestern Alphabet, Apple und Microsoft 2021 von Rekord zu Rekord eilten, kam der Amazon-Kurs nie wirklich vom Fleck und galt schon als "lahme Ente" der US-Big-Techs. Seit Sommer 2020 stagnierte der Börsenwert des E-Commerce-Riesen und Cloud-Anbieters. Grund war insbesondere die Sorge, dass der Schwung, den das Unternehmen aus der Pandemie gewinnen konnte, nicht nachhaltig sein würde. Amazons Geschäftsfelder profitierten anfangs besonders vom damaligen "Stay-at-home-Trend". 

Doch 2022 scheint sich der Wind gedreht zu haben. Zwar verlor die Aktie zwischenzeitlich bis zu 18 Prozent an Wert, doch mit dem Kursanstieg von 2,6 Prozent auf 3380 Dollar am gestrigen Montag notieren die Amazon-Titel auf Jahressicht mit 1,4 Prozent wieder im Plus.

Das ist vor allem mit Blick auf den Gesamtmarkt beachtenswert, oder wenn man die Performance der anderen Big Techs damit vergleicht. Der Nasdaq100 notiert auf Jahressicht noch immer 8,2 Prozent tiefer, bei Microsoft sind es 7,6 Prozent, bei Alphabet (Google) 2,3 Prozent und Apple ist mit mit einem Minus von 1,1 Prozent am nähesten dran, Amazon Year-to-date ins Plus zu folgen. 

Quelle: Bloomberg

Besser als erwartete Geschäftszahlen

Damit hat Amazon nach dem "Durchhänger-Jahr" 2021 ein Stück weit seinen langjährigen Titel als Marktführer zurückerobert. Anfang Februar meldete das Unternehmen Ergebnisse für das vierte Quartal, die deutlich besser ausfielen als erwartet. Damit konnten die Bedenken hinsichtlich der Wachstumsaussichten nach der Pandemie zerstreut werden. Die Aktie sprang am Tag nach den Zahlenverkündung um rekordverdächtige 14 Prozent nach oben. Allerdings hatte sie tags zuvor auch rund 7 Prozent eingebüsst. 

Einen Monat später schliesslich kam etwas, auf das viele Beobachter bereits lange Zeit spekuliert hatten. Amazon kündigte einen Aktiensplit im Verhältnis 1:20 an. Was faktisch keine fundamentale Veränderungen am Unternehmen bedeutet, führt in der Regel dennoch zu weiteren Kursgewinnen. Grund: Die Wall Street wettet darauf, dass dieser Schritt das Interesse der Kleinanleger weckt. Ein tieferer Preis macht die Amazon-Aktie auch Kleinaktionären mit geringerem Vermögen erschwinglich, was den Kurs treibt. 

Erster Aktiensplit seit 23 Jahren

Beobachter fragten sich schon länger, warum sich Amazon stets gegen einen Aktiensplit sträubte. Denn bei 3380 Dollar überlegen sich viele Privatanleger zweimal, ob sie sich eine solch "teure" Aktie ins Depot legen wollen. Der E-Commerce-Gigant ist eines von nur sieben Unternehmen im breiten S&P 500, das für mehr als 1000 Dollar pro Aktie gehandelt wird, und – abgesehen von Alphabet – das mit Abstand grösste. Das Unternehmen hat in seiner Firmengeschichte lediglich drei Mal einen Aktien-Split durchgeführt. Der letzte liegt ganze 23 Jahre zurück. 

Abgesehen von solchen technischen Faktoren haben die grossen Technologie- und Internetaktien in den letzten zwei Wochen allgemein ein Comeback erlebt – trotz eines Anstiegs der Staatsanleihenrenditen. Das deute darauf hin, dass die sich verbessernden Ertragsaussichten allmählich die Sorgen über ein steigendes Zinsumfeld und geopolitische Spannungen überschatten.

"Wir haben eine Verschiebung zurück in diese Art von qualitativ hochwertigen Wachstumsnamen mit starken Bilanzen und Marktpositionen gesehen. Zudem spiegelt die Stärke von Amazon wider, wie stark der Konsument weiterhin ist", sagte Randy Frederick, Vizepräsident für Handel und Derivate bei Charles Schwab gegenüber Bloomberg. 

Die Performance von Amazon im Jahr 2022 steht auch im starken Kontrast zu anderen Namen im E-Commerce-Bereich. Ebay ist in diesem Jahr um fast 12 Prozent gefallen, während sowohl Etsy als auch Wayfair um mehr als 30 Prozent korrigiert haben. Auch die Schweizer Logitech notiert noch immer über 6 Prozent tiefer als Anfang Jahr.