An den Finanzmärkten steht ein heisser Sommer bevor. Die Furcht vor einer zweiten Welle in der Coronavirus-Pandemie auf der einen Seite und die Hoffnung auf ein rasches Anziehen der Wirtschaft dank der üppigen Konjunkturpakete auf der anderen Seite dürften die Kurse kräftig schwanken lassen. "Wir erwarten für die nächsten Monate erratische Bewegungen", sagte Jens Herdack, Experte bei der Weberbank. Die zwischenzeitlichen Rückschläge Anfang Juni zeigten erneut, wie fragil die Erholung der Aktien noch sei und wie schnell das Vertrauen der Investoren schwinden könne.

Der SMI schloss den Handel am Freitag 0,78 Prozent höher auf 10'266,29 Punkten. Über die ganze Woche gerechnet hat der Index 4,8 Prozent zugelegt. Der Dax schloss 1,2 Prozent fester bei 12.427 Punkten und steuerte auf ein Wochenplus von vier Prozent zu - in der Vorwoche hatte er noch sieben Prozent verloren und in der Woche davor elf Prozent gewonnen.

Gründe für die Erholung gebe es auf den ersten Blick wenige, sagte Claudia Windt, Analystin bei der Helaba: Das konjunkturelle Tief sei zwar in den USA, im Euroraum und in Deutschland überwunden. "Das sagt jedoch wenig darüber aus, wie stark die folgende Erholung ausfallen wird." Eine Gefahr gehe von einer zweiten Infektionswelle aus. "Allein dieses Risiko könnte nicht nur für eine anhaltende Investitions- und Konsumzurückhaltung sorgen, sondern auch mit Rückschlägen an den Kapitalmärkten einhergehen."

Stützen Konjunkturpakete weiterhin die Märkte?

Um die Folgen der Pandemie abzumildern, haben Regierungen und Notenbanken weltweit billionenschwere Konjunkturpakete auf den Weg gebracht. Die überbordende Liquiditätsversorgung durch die Notenbanken dürfte wohl noch längere Zeit ein stützender Faktor für die Märkte sein, sagte Frank Klumpp, Aktienstratege bei der LBBW. Weberbank-Experte Herdack verwies jedoch darauf, dass die Märkte sehr nervös auf das kleinste Anzeichen einer nachlassenden Unterstützung durch die Notenbanken reagierten. "Der Markt braucht immer grössere Dosen seiner Droge Liquidität und reagiert sofort mit extremen Entzugsentscheidungen, sobald der Nachschub abzureissen droht."

Mit Argusaugen dürften in diesem Zusammenhang die Börsianer auf die Konjunkturdaten blicken. In der kommenden Woche stehen in Deutschland etwa am Dienstag die Markit-Einkaufsmanagerindizes und am Mittwoch der Ifo-Index auf der Tagesordnung. Experten gehen davon aus, dass die Spitzenmanager sowohl die Geschäftslage als auch ihre Erwartungen günstiger einschätzen.

"Der Dax dürfte jedoch bereits eine weitaus ausgeprägtere Erholung im Verlauf der kommenden Monate eingepreist haben, weshalb selbst eine deutlich bessere Einschätzung von Lage und Erwartungen in den Ifo-Indizes wohl nicht ausreichen wird, um den Aktienmärkten neue Aufwärtsimpulse zu geben", sagte LBBW-Experte Klumpp.

In der Schweiz steht am Dienstag der KOF Consensus Forecast an. Dabei handelt es sich um eine Umfrage, in der das KOF Konjunkturexperten zu wirtschaftlichen Entwicklung in der Schweiz befragt. 

Lufthansa-Aktionäre stimmen über Rettungspaket ab

Erstmals seit Gründung des Dax ist die Lufthansa ab Montag nicht mehr Mitglied in der ersten Börsenliga. Das schwer von der Coronakrise getroffene Unternehmen scheidet aus und muss und der Deutschen Wohnen Platz machen. Die Rettung des Unternehmens entwickelt sich unterdessen zur Zitterpartie. Am Donnerstag steht die Hauptversammlung an, bei der die Anteilseigner dem Paket zustimmen müssen.

Der neue Lufthansa-Grossaktionär Heinz Herrmann Thiele erklärte zuletzt, er lehne den vorgesehenen Einstieg des Staates bei der Airline ab. Die Lufthansa warnte, bei einem Nein Thieles zur dafür notwendigen Kapitalerhöhung könnte das Finanzpaket auf dem Aktionärstreffen durchfallen. Denn bei einer Aktionärs-Präsenz von weniger als 50 Prozent ist eine Zweidrittelmehrheit nötig.

(Reuters)